Dass der Entscheid des Engadin-Skimarathons (ESM), das Langlauf-Village inklusive der Startnummernausgabe im Rahmen einer strategischen Partnerschaft von St. Moritz nach Pontresina zu verlegen, in St. Moritz immer noch für rote Köpfe sorgt, war an der Sitzung des Gemeinderates vom Donnerstag deutlich zu spüren. Zwar stand das Geschäft nicht auf der Traktandenliste, dass es Diskussionsthema sein würde, war aber schon vor der Sitzung klar. Darum war auch ESM-Geschäftsführer Menduri Kasper im Publikum. Er hatte zuvor eine Aussprache mit dem Gemeindevorstand und Gemeindepräsident Christian Jott Jenny gehabt.

«Mehr Offenheit»
Dass dieses Gespräch intensiv und die Meinungen geteilt waren, bestätigte Gemeindevorstand Martin Berthod. Er sagte noch einmal, dass der Wegzug des Langlauf-Villages und der Startnummernausgabe nach Pontresina für St. Moritz einen sehr grossen Verlust bedeute. Trotzdem gelte es sich hinter den Engadin Skimarathon zu stellen, dieser sei für die ganze Region eminent wichtig. Gemeindepräsident Christian Jott Jenny wünschte sich mehr Offenheit. «Wir müssen in solchen Angelegenheiten als Region denken», sagte er. Darum sollen die Gespräche mit den ESM-Verantwortlichen weitergeführt werden, um auszuloten, wie sich St. Moritz in den Anlass einbringen kann.
Sollte das nicht mehr möglich sein, ist für FDP-Gemeinderat Curdin Schmidt klar, dass das Konsequenzen haben muss. Dann werde zwar St. Moritz den Marathon weiterhin über den Beitrag an die Top-Events unterstützen, nicht aber mit weiteren Zahlungen. Und sämtliche Aufwendungen – beispielsweise für die Schneeproduktion – seien dem Marathon in Rechnung zu stellen.
Menduri Kasper zeigte auf, dass der Engadin Skimarathon zwar teilnehmermässig sehr gut unterwegs ist – der Hauptlauf war zum zweiten Mal in Folge ausgebucht – dass es aber an der Sponsorenfront weniger gut aussieht. 2015 konnte der Marathon 850 000 Franken an Sponsorengeldern einnehmen, in diesem Jahr waren es nur noch 500 000 Franken. Darum sei das Ansinnen von Pontresina, eine strategische Partnerschaft einzugehen und eines der vier Hauptsponsoring-Pakete zu übernehmen, hochwillkommen gewesen. «Das gibt uns die Möglichkeit, mit dem Marathon einen Schritt weiterzukommen. Wir haben aber nie aktiv nach einer neuen Lösung für das Village gesucht», betonte er. Kasper entschuldigte sich für die Kommunikation. «Das war von unserer Seite nicht gut. Heute würden wir das anders machen», sagte er. Wer aber hat wann darum gewusst, dass das Village aus St. Moritz verschwinden würde?

Diese Frage konnte auch am Donnerstagabend nicht schlüssig beantwortet werden. Reto Matossi ist Geschäftsleitungsmitglied des ESM und seit dem 1. Januar St. Moritzer Gemeindevorstand. Er habe als GL-Mitglied davon erfahren, als er noch nicht einmal gewusst habe, dass er für den Vorstand kandidiere. Später dann sei er an die Schweigepflicht gebunden gewesen. Er habe aber die ESM-Geschäftsleitung bereits im Herbst darauf aufmerksam gemacht, dass es sich um einen heiklen Entscheid handle und darum gebeten, dass Pontresina die Gemeindepräsidenten des Oberengadins entsprechend informiere. Diesen Sachverhalt bestätigt Kasper.

Asprion: «Habe nichts gewusst»
Ob die Information auch tatsächlich erfolgt ist, bleibt offen. Sicher war das Geschäft nie traktandiert, und darum ist es auch nicht protokolliert. Der Pontresiner Gemeindepräsident Martin Aebli will sich zu konkreten Fragen nicht äussern. «Ich finde, das ist eine überflüssige Diskussion», sagt er. Pontresina habe den Marathon-Verantwortlichen ein Angebot gemacht, welches diese für gut befunden hätten. Zudem seien die Pontresiner Absichten in den öffentlich zugänglichen Nachrichten aus dem Gemeinderat zwei Mal erwähnt gewesen. Bleibt die Rolle von Sigi Asprion. Er war damals St. Moritzer Gemeindepräsident. Dass er – wie an der Sitzung im Gemeinderat erwähnt, von den konkreten Absichten Pontresinas gewusst habe – bestreitet Asprion auf Anfrage dezidiert. «Das stimmt nicht.» An der Präsidentenkonferenz ist nicht informiert worden. Informell, beim Kaffee, habe der Pontresiner Gemeindepräsident angedeutet, dass sich die Gemeinde für eine stärkere Zusammenarbeit mit dem ESM interessiere, mehr nicht.

Autor Reto Stifel

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