Was sich in den letzten Tagen und Wochen um die Engadin St. Moritz Tourismus AG abgespielt hat, ist ein Trauerspiel erster Güte. Und gefährdet die jahrelange Aufbauarbeit einer der grössten Schweizer Tourismusdestinationen. Anstatt sich auf einer sachlichen Ebene zu begegnen und Probleme mit dem Ziel anzugehen, gute Lösungen zu finden für eine Region, die auf Gedeih und Verderb auf ein florierendes Tourismusgeschäft angewiesen ist, wird Machtpolitik betrieben. Intrigieren, gegenseitiges Beschuldigen, Streuen von Indiskretionen, Absprechen von Kompetenzen. Die Liste kann beliebig verlängert werden. Leider.
Sicher: Auch der Verwaltungsrat der ESTM AG hat Fehler gemacht. Die Anstellung des CEO, der offenbar dem Jobprofil nicht zu genügen vermochte, steht in seiner Verantwortung. Das Defizit in der Jahresrechnung hätte man früher bemerken können. Und sonst? Was hat der Verwaltungsrat falsch gemacht? Wieso spricht St. Moritz dem Gremium die nötige Kompetenz ab und wirft ihm gar Partikularinteressen vor?
St. Moritz hat sich mit dem Vertrauensentzug und diesen Vorwürfen weit aus dem Fenster gelehnt. Jetzt muss der Gemeindevorstand mit seinem Präsidenten liefern. Konkret aufzeigen, warum denn die schwammig formulierte «Erneuerung der strategischen Führung eine grosse Chance für St. Moritz und das gesamte Oberengadin» sein soll. Beweisen, dass ein Plan besteht, welcher über eine Personalrochade im Verwaltungsrat hinausgeht und strategische Fragen aufgreift.
Das Aktionariat mit St. Moritz als weitaus grösstem Einzelaktionär trägt eine grosse Verantwortung. Sehr direkt gegenüber den Mitarbeitenden der Destination. Aber auch gegenüber jedem einzelnen Steuerzahler, welcher die Vermarktungsorganisation mitfinanziert. Eine eminent wichtige Organisation, die durch das Theater der letzten Tage, Wochen und Monate völlig unnötig geschwächt wird. Und das ist kein Vorteil auf dem umkämpften Tourismusmarkt.
reto.stifel@engadinerpost.ch

Autor: Reto Stifel

Foto: Daniel Zaugg