Dass diese Geschichte überhaupt publik geworden ist, ist auf eine Indiskretion zurückzuführen. Eine E-Mail innerhalb der St. Moritzer Exekutive ist zum Regionaljournal Graubünden gelangt. Dieses hat am Mittwochabend darüber berichtet, dass die Meinungen über die korrekte Führung der Gemeinde St. Moritz offenbar auseinandergehen. Der Vorstand wünscht sich von Gemeindepräsident Christian Jott Jenny mehr Präsenz im Gemeindehaus, eine straffere Führung und bessere Dossierkenntnisse.

Enttäuscht über Indiskretion
Verfasser der E-Mail, welche in einer ersten Version an die Mitglieder des Vorstandes inklusive Gemeindepräsident sowie den Gemeindeschreiber gegangen ist und in einer späteren Fassung an die Präsidenten der Fraktionen sowie den GPK-Präsidenten, ist Gemeindevizepräsident Reto Matossi. Er ist auf Anfrage masslos enttäuscht und verärgert darüber, dass das interne Schreiben an die Medien gelangt ist. Weiter äussern zur ganzen Angelegenheit will er sich im Moment nicht, man werde dann informieren, wenn es tatsächlich auch etwas zu informieren gebe. Nur so viel: Man streite nicht, sei sich aber in gewissen Punkten, was die Führung einer Gemeinde angehe, nicht einig. Darüber diskutiere man, um miteinander die ganze Sache zu bereinigen und eine Lösung zu finden, die letztlich für alle stimme. «Das könnte zum Beispiel bedeuten, dass wir am System, an der Verteilung der Aufgaben etwas ändern müssen», sagt Matossi.

Konstruktive Lösung gesucht
Auch Jenny gibt sich auf Anfrage zurückhaltend. Durch Indiskretion sei diese Mail an die Medien gelangt, dorthin gehöre sie aber noch nicht, darum gebe es auch nichts zu kommentieren. «Zurzeit sind wir an einer sehr konstruktiven Lösung, die einfach und zielführend sein könnte», sagt er dann aber doch noch. Gegenüber dem Regionaljournal gab Jenny zu bedenken, dass er bereits vor der Corona-Krise viel unterwegs gearbeitet habe, schliesslich gehörten die Repräsentation und das Networking zu seinen Hauptaufgaben. «Das geht nur, wenn ich auf die Menschen zugehe und mich nicht im Büro einschliesse. Hätten die Menschen in St. Moritz einen Präsidenten gewollt, der den ganzen Tag in seinem Büro sitzt, hätten sie mich wohl nicht gewählt», so Jenny. Er habe ein modernes Verständnis von Management und ein sehr professionelles und motiviertes Team in der Verwaltung. «Als Unternehmer, der sich vom ersten Tag an gegen harte Konkurrenz durchsetzen musste, habe ich rasch gelernt zu delegieren. Micro-Management ist einfach nicht mehr zeitgemäss.»
Gemäss der E-Mail, die auch der EP/PL vorliegt, muss Jenny an der Sitzung des Gemeindevorstandes vom kommenden Montag seine Vorschläge und Überlegungen präsentieren und im Detail erläutern. Der Gemeindevorstand hat auch mit dem Amt für Gemeinden Kontakt aufgenommen, um von dort allenfalls Inputs aus bereits gemachten, ähnlichen Erfahrungen zu erhalten.

Fraktionen begrüssen Gespräche
Die politischen Fraktionen in St. Moritz geben sich auf Anfrage ebenfalls zurückhaltend. Sie begrüssen die Bestrebungen, dass gemeinsam nach einer Lösung gesucht werde, hätten aber auch erst aus den Medien vom Sachverhalt erfahren. «Was wir in der letzten Zeit bemerkt haben ist, dass es Unstimmigkeiten im Vorstand gibt. Wir sehen da jedoch klar alle fünf Vorstände in ihrer Verantwortung», ergänzt Tanja Kreis von der next generation. Für Maurizio Cecini von der GdU ist vor allem wichtig, dass zusammen mit Christian Jott Jenny eine gute Lösung gefunden wird. Er wünscht sich zudem, dass der Gemeinderat über die Geschehnisse informiert wird. GPK-Präsident Conradin De Giorgi ist auf Anfrage seitens des Gemeindevorstandes informiert worden. Mehr könne die GPK zurzeit nicht dazu sagen, da es sich um ein laufendes Geschäft handle.

Autor und Foto: Reto Stifel