Kürzlich habe ich einen Ausflug in meine alte Heimat unternommen. Nicht nach China, wie man mit dem Titel assoziieren könnte, nein, ins Emmental. In dieses behäbig hüglige Voralpengebiet zwischen Bern und Luzern, wo sich die Menschen «Grüessäch» sagen und wo irgendwie alles etwas gemütlicher abläuft. «Nume nid gschprängt» ist doch in unserer schnelllebigen Zeit ein cooles Lebensmotto.
Wann immer möglich, verbinde ich meinen Ausflug nach Langnau mit dem Besuch eines Eishockeyspiels. Vor Wochenfrist war die Gelegenheit besonders günstig, weil der grosse Rivale aus der nahen Kantonshauptstadt in der Ilfishalle zu Besuch war. In den 1970er-Jahren waren die Derbys zwischen Langnau und Bern legendär, auf und neben dem Eis ging es hoch zu und her. Dellsperger Rölu, einer vom SCB, soll in diesen Derbys 16 Zähne verloren haben. Neun alleine in einem Spiel, worauf er nach dem Match das Garderoben-Lavabo zertrümmerte.
Tempi passati. Auf dem Eis spielen Plüsch-Tigerli gegen Knuddel-Bärchen. Läppische vier Zweiminuten-Strafen müssen die Schiedsrichter aussprechen. Und Kult-Fan «Zöggeler» trägt nicht mehr wie früher seine Holzoggeli, mit denen er sein Team schon mal lautstark antrieb. Er hat zu Mephisto-Gesundheitsschuhen gewechselt. Und trotzdem fliesst Adrenalin durch das Blut der Match-Besucher. Mein Sitznachbar zur Linken sagt nichts, bis zu einem kurzen Gefühlsausbruch kurz vor Drittelsende. «Souhung» ruft er in Richtung Eisfeld. Im zweiten Drittel folgt ein «Huere Souhung» und im letzten Spielabschnitt verliert er vollends die Contenance. «Huere verdammte Souhung» brüllt er nach einer harmlosen Rangelei auf dem Eis. Das ist die praktische Anwendung der berndeutschen Steigerungsform und beweist, dass ein Eishockeyspiel nicht nur tumbes Vergnügen ist, sondern auch bildet.
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Autor und Foto: Reto Stifel