Mittels einer kleinen amtlichen Anzeige in der EP/PL Ende November hat das St. Moritzer Bauamt darüber informiert, dass im Januar 2020 im Bereich der Sprungschanzen – oder was davon übrig geblieben ist – eine private Veranstaltungen stattfindet, für welche verschiedene temporäre Bauten aufgestellt werden. Die Aufbauarbeiten dafür haben bereits Anfang Dezember begonnnen, Ende dieses Monates sollen die Zelte wieder verschwunden sein. Auf Anfrage der EP/PL wollte sich St. Moritz Tourismus aus Diskretionsgründen nicht darüber äussern, was für ein Fest bei der Sprungschanze gefeiert wird. Recherchen der EP/PL zeigen, dass es sich um das Hochzeitsfest von Reederei-Erbe Stavros Niarchos jun. und Dasha Schukowa, Ex-Frau des russischen Milliardärs und früheren Besitzers des FC Chelsea, Roman Abramowitsch, handelt. Stavros Niarchos jun. ist der Sohn von Philip Niarchos, welcher zusammen mit seinem Bruder Spyros 2018 die Ehrenbürgerschaft von St. Moritz erhielt. Die Familie Niarchos ist St. Moritz und dem Engadin seit den 1950er-Jahren eng verbunden. Philip und Spyros sind Hauptaktionäre der Corvatsch AG und Mehrheitsaktionäre der Diavolezza Lagalb AG und der AG Grand Hotels Engadinerkulm mit den beiden Hotels Kronenhof in Pontresina und Kulm in St. Moritz. Der Grossvater von Stavros jun., Stavros Niarchos, hatte Mitte der Fünfzigerjahre die Luftseilbahn auf den Corvatsch gegründet. Auch die Gründung der Stiftung des Spitals Oberengadin geht auf den 1996 verstorbenen griechischen Reeder zurück. Offenbar haben Stavros Niarchos jun. und Dasha Schukowa bereits im vergangenen Oktober in Paris geheiratet, das grosse Fest mit mehreren hundert geladenen Gästen soll nun nächste Woche in St. Moritz stattfinden.

Hochkarätige Hochzeitsgesellschaft
Auf Anfrage bestätigt Heinz E. Hunkeler, CEO der AG Grand Hotels Engadinerkulm, das Hochzeitsfest. «Es ist eine sehr internationale, hochkarätige Gesellschaft», sagt er, Namen will Hunkeler keine nennen. Er ist überzeugt, dass solche Anlässe für St. Moritz sehr wichtig sind. Profitieren würden nicht nur die Luxushotels im Tal, sondern etliche andere Wirtschaftszweige auch. «Der Familie Niarchos ist es ein sehr grosses Anliegen, dass Aufträge möglichst im Tal vergeben werden können. Es ist ein knappes Jahr her, da sorgte ein anderes grosses Fest in St. Moritz für Schlagzeilen. Die indische Pre-Wedding-Party von Akash Ambani und Shloka Mehta. Ein dreitägiges Fest mit 850 Gästen und dem Winterwonderland inklusive Riesenrad und Autoscooter direkt am See. Fabrizio D’Aloisio ist Kommunikationsverantwortlicher der Gemeinde. «Grundsätzlich will St. Moritz weiterhin solche Events ermöglichen», sagt er auf Anfrage. Insbesondere wegen der hohen Wertschöpfung für den Ort und dem weltweiten Medieninteresse, welches mit einem solchen Anlass ausgelöst werde. Für die Gemeinde sei der Ort sowohl im Winter wie auch im Sommer geradezu prädestiniert für Hochzeiten oder spezielle Events. Nicht nur wegen der Natur und der Landschaft, der sauberen Luft oder dem Prestige. «Zwei weitere, sehr wichtige Argumente sind die Sicherheit und die Diskretion», sagt er. Für D’Aloisio eigentliche St. Moritzer USPs, mit denen man nicht direkt werben könne, die aber für die Gäste extrem wichtig seien.

Mehr indische Gäste
Dass man dabei den Nachhaltigkeitskriterien Rechnung tragen müsse, stehe für die Gemeinde ausser Zweifel. Nicht zuletzt darum hatte ein umfassendes Debriefing für die indische Pre-Wedding-Party stattgefunden, und viele Erkenntnisse daraus sind in eine Checkliste eingeflossen. Auch der damals versprochene Sustainability-Guide (Nachhaltigkeitsleitfaden) ist gemäss Fabrizio D’Aloisio auf gutem Weg: Ende dieses Monats soll er dem Gemeindevorstand präsentiert werden.
Ob der grosse indische Anlass mit weltweiter Berichterstattung in den Medien auch zu mehr Gästen aus diesem Land geführt hat, kann D’Aloisio nicht abschliessend sagen. Allerdings gebe es verschiedene Indizien, die darauf hindeuten würden. Die Logiernächte von indischen Gästen sind in der letzen Wintersaison geradezu explodiert und haben um 225,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr zugenommen. Der Hauptanteil dürfte dabei direkt auf den Anlass zurückzuführen sein. Aber auch im Sommer 2019 sind knapp 42 Prozent mehr Logiernächte verzeichnet worden als noch im Sommer zuvor. «Es kommt vor, dass indische Gäste in den Infostellen nach den Lokalitäten der Hochzeit oder dem See fragen, auf dem vor zwei Jahren das Ice-Cricket stattgefunden hat», sagt er.

Autor und Foto: Reto Stifel