Für die St. Moritzerin Valeria Steidle war schon früh klar, dass sie Musik studieren würde. In ihrem Elternhaus wurde ihre Begabung gefördert und der Unterricht von Querflötenlehrerin Mirjam Cipriani an der Musikschule Oberengadin bildeten zusammen mit der Musikmatur an der Academia Engiadina die besten Voraussetzungen für das Studium der Klassischen Musik an der Musikhochschule Luzern. Auf den Bachelor folgte der Master. Doch damit nicht genug. Die 26-Jährige hat kürzlich ein zweijähriges Studium der Kirchenmusik begonnen, das sie an der Zürcher Hochschule der Künste absolviert. Damit wird nach der Querflöte auch die Orgel zu ihrem Hauptinstrument. Dass die Berufsmusikerin nach fünfeinhalb Studienjahren noch diese Weiterbildung anhängt, hat einen guten Grund: «Ich hätte wie viele meiner Studienkollegen noch eine Pädagogikausbildung beginnen können, aber für mich war immer klar, dass ich nicht unterrichten werde. Ich wäre eine schlechte Lehrerin, denn ich bin ein ungeduldiger Mensch.» Mit diesem Entscheid hat sich Valeria Steidle für die schwierigere Variante eines Musikerlebens entschieden: Ihr Ziel ist eine fixe Anstellung als Querflötistin in einem Orchester. Doch das ist alles andere als einfach, denn diese Stellen sind dünn gesät und die Konkurrenz ist gross. Zudem haben viele Orchester in Corona-Zeiten ihre Praktika gestrichen. Deshalb setzt Valeria auch auf ein anderes Pferd: «Kirchenmusiker sind gesucht.» Die Weiterbildung erhöht ihre Chancen, in diesem Bereich Fuss zu fassen. Dabei hilft ihr auch ihre Erfahrung, gestaltet sie doch mit ihrem Vater Werner Steidle an der Orgel seit geraumer Zeit die katholischen Gottesdienste auf ihrer Querflöte mit. Singen kann die Multiinstrumentalistin auch, deshalb bildet sie sich auch im Fach Klassischer Gesang weiter. Zudem erlauben es ihr auch die Auftritte mit dem Trio Steidle, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Mit ihrem Vater und ihrer Schwester Sabrina Steidle bestreitet dieses Familienensemble viele Auftritte. Allerdings ist dort die stilistische Vielfalt gefragt. Von Jazz, über leichte Klassik bis zu Jazz, Rock, World Music und Schlager. In dieser Formation spielt Valeria häufig Saxophon. «Und weil auch Ländler beim Publikum gefragt sind, habe ich mir zusätzlich noch ein Sopransax angeschafft.» Auch mit dem Cajón, einem spanischen Rhythmusinstrument, das in der Flamenco-Musik verwendet wird, hat sich die Musikerin angefreundet. «Eigentlich ist es schon ein bisschen verrückt. Wir Musiker studieren fast so lange wie die Mediziner, aber am Ende unserer Ausbildung erwartet uns nicht ein anständig bezahlter Job als Assistenzarzt oder Assistenzärztin sondern die totale Unsicherheit.» Trotz der Unwägbarkeiten bereut Valeria Steidle ihre Entscheidung nicht und ist überzeugt, dass sie irgendwann eine feste Anstellung als Kirchenmusikerin oder in einem Orchester finden wird. «Musik ist cool. Mir gibt Musik eine tiefe Befriedigung».

Text: Marie-Claire Jur/Foto: z.Vfg.