Maskentragepflicht in öffentlich zugänglichen Räumen und in Bereichen der Schulen: Was die Bündner Regierung am Freitagmorgen anlässlich einer Medienmitteilung verkündet hat, hat nicht überrascht. Bereits am Vortag war bekannt geworden, dass sich die Ostschweizer Gesundheitsdirektoren einig über eine Maskentragpflicht sind.

Viele Fälle im Oberengadin
Hintergrund für diese und andere Massnahmen (siehe Kästchentext) sind die Corona-Fallzahlen, die auch im Kanton Graubünden stark ansteigen. Zwar noch nicht ganz so stark wie im Schnitt über die ganze Schweiz gesehen. «Aber wir sind an einem Punkt, an dem wir handeln müssen», sagte Rudolf Leuthold, Leiter des Gesundheitsamtes. Konkret befinden sich im Kanton zurzeit 219 Personen in Selbstisolation, sind also positiv getestet und werden als sogenannt «aktive Fälle» ausgewiesen. Alleine 61 sind es im Oberengadin, weitere 57 in Davos. Die anderen Südbündner Regionen sind weniger betroffen. Im Unterengadin und der Val Müstair gibt es sieben aktive Fälle, im Puschlav nur einen. Wie Leuthold weiter aufzeigte, ist mit 61 aktiven Fällen die Gruppe der Jungen zwischen 20 bis 29 Jahren am stärksten betroffen. Aber auch bei den über 60-Jährigen gebe es eine substanzielle Anzahl an Fällen.
Noch tief ist die Hospitalisationsrate. Im ganzen Kanton liegen sechs Personen wegen Covid-19 in Spitälern, zwei davon auf der Intensivpflegestation. Leuthold betonte das Wort «noch». Er machte darauf aufmerksam, dass es bei der ersten Welle im Frühjahr rund einen Monat gedauert habe, bis die Spitäler stark belegt gewesen seien. In den Engadiner Spitälern präsentiert sich die Situation zurzeit ruhig, wie eine Anfrage der EP/PL in Samedan und Scuol zeigt. In Samedan liegen zwei Personen mit Covid-19 auf der Station, in Scuol ist es eine Person. Auf der IPS sind keine Corona-Patienten in Behandlung.

Engadiner Spitäler sind gewappnet
«Die aktuelle medizinische Versor-gungssituation im Unterengadin ist trotz leicht steigender Fälle positiv Getesteter noch nicht kritisch», sagt Spitaldirektor Joachim Koppenberg. Der Krisenstab habe sich in den letzten Monaten bereits mit einer möglichen «zweiten Welle» parallel zur Grippesaison intensiv vorbereitet, beobachte die Entwicklung täglich sehr aufmerksam und stehe mit den anderen Spitälern und den kantonalen Behörden im engen Austausch. «So könnten jederzeit weitere vorbereitende Massnahmen der jeweiligen Situation angemessen eingeleitet und umgesetzt werden», sagt Koppenberg.
Ähnlich tönt es in Samedan. Gemäss Beat Moll, Leiter der Stiftung Gesundheitsversorgung Oberengadin, ist das Spital auf eine allfällige zweite Welle gut vorbereitet. Die im März und April aufgebaute Covid-19-Infrastruktur stehe jederzeit zur Verfügung. Aufgrund der aktuell entspannten Situation sei es auch nicht nötig, beim Personal einen Ferienstopp zu verordnen oder gar geplante Operationen zu verschieben. Etwas mehr Sorge bereitet Moll die stark gestiegene Nachfrage nach Corona-Tests, im Schnitt sind das rund 30 pro Tag. Darum wird es ab Montag möglich sein, online einen Termin zu vereinbaren und erste Fragen zu beantworten. Als weitere vorsorgliche Massnahme, das Einschleppen des Coronavirus zu verhindern, ist zudem die Cafeteria im Altersheim Promulins für die Öffentlichkeit geschlossen worden. Moll geht aber aufgrund der nun anstehenden Zwischensaison im Oberengadin nicht von einem starken Anstieg der Fälle aus.
Wie Regierungsrat Peter Peyer an der Medienkonferenz sagte, ist die Lage im Kanton ernst, und es sei jetzt an der Zeit, gezielte Massnahmen zu ergreifen. Diese hätten Konsequenzen auf die Gesellschaft und die Wirtschaft, wobei die Wirtschaft sehr direkt betroffen sei, wenn sich wie aktuell über 1000 Personen im Kanton in Quarantäne befänden und am Arbeitsplatz fehlen würden. «Wir wollen Einschränkungen wie im Frühjahr vermeiden», sagte er und appellierte an die Vernunft, an das Augenmass und den gesunden Menschenverstand. «Alle müssen mitziehen.» Auch für Bildungsdirektor Jon Domenic Parolini gibt es ein Hauptziel: « Wir wollen den Präsenzunterricht an den Schulen aufrechterhalten und Fernunterricht wie im Frühjahr möglichst vermeiden.» Deshalb gilt neu an den öffentlichen und privaten Volksschulen für alle erwachsenen Personen auf dem Schulareal eine Maskentragepflicht. Kann der Abstand von 1,5 Metern im Schulzimmer nicht eingehalten werden, müssen Lehrpersonen eine Maske tragen, Schüler dürfen das auf freiwilliger Basis machen. In den weiterführenden Schulen gilt eine generelle Maskenpflicht mit Ausnahme der Schulzimmer, sofern der Mindestabstand von 1,5 Meter eingehalten werden kann.
Weitere Infos: www.gr.ch/Info Coronavirus

Was ab heute in Graubünden gilt
Ab heute Samstag, 17. Oktober, 6.00 Uhr, treten in Graubünden folgende Massnahmen in Kraft: Es gilt die Maskentragepflicht in öffentlich zugänglichen Innenräumen, insbesondere in Geschäften, Einkaufszentren, Poststellen, Museen, Theatern, Verwaltungsgebäuden, Gotteshäusern und religiösen Gemeinschaftsräumen, Kinos, Bahnhöfen (inklusive Perrons und Unterführungen), Bibliotheken, Hotels, in Gastronomiebetrieben inklusive Bars, Clubs, Diskotheken und in gewissen Bildungseinrichtungen. In Gastronomie- betrieben inklusive Hotels, Bars, Clubs, und Diskotheken gilt die Maskentragpflicht für Gäste, die an einem Tisch sitzen, nicht. Nicht als öffentlich zugängliche Innenräume gelten insbesondere Trainingsbereiche von Sport- und Fitnesseinrichtungen, Banken (Schalterhalle und Selbstbedienungszonen). Von der Maskentragepflicht ausgenommen sind: Kinder vor ihrem 12. Geburtstag und Personen, die nachweisen können, dass sie aus besonderen Gründen, insbesondere medizinischen, keine Gesichtsmasken tragen können. Von der Maskentragepflicht in Innenräumen ausgenommen sind unter anderem auch auftretende Personen wie Künstler oder Sportler.
Diese Massnahmen gelten vorläufig bis zum 15. Dezember. Ende November wird die Lage neu beurteilt und über das weitere Vorgehen entschieden. Die Durchsetzung der Maskentragepflicht in Innenräumen obliegt gemäss der Medienmitteilung den betreffenden Institutionen oder Betrieben. Bei Widerhandlung kann eine Busse ausgesprochen werden. Für die Kontrollen sind weiterhin die Gemeinden zuständig. (pd/ep)

Autor: Reto Stifel