In der Junisession des Bündner Grossen Rates hatte der Bergeller FDP-Grossrat Maurizio Michael eine Anfrage betreffend dem Stand der Umsetzung und der Funktionsweise der Regionen im Kanton Graubünden eingereicht. Nicht zuletzt ging es Michael darum zu erfahren, ob sich die Aufteilung auf elf Regionen – eine Folge der seit 2016 umgesetzten Gebietsreform – bewährt hat. Konkret zielte Michael mit seiner Anfrage auch auf den Umstand, dass gerade in kleineren Regionen oder in solchen, welche über Sprachgrenzen hinaus wie beispielsweise die Region Malojafunktionieren müssen, gewisse Defizite bei der Verwendung der Kantonssprache, insbesondere des Italienischen, festzustellen sind. In einem Artikel in der EP/PL von Mitte September warf er die Frage auf, ob beispielsweise ein Zusammengehen der kleinsten Region Bernina mit den Gemeinden Poschiavo und Brusio und der Region Maloja (Oberengadin und Bergell) nicht Sinn machen würde, um Italienisch als Amtssprache zu stärken.

«Das Problem ist die Sprache»
Diesen Ball nahm der frühere Gemeindepräsident von Poschiavo und heutige CVP-Grossrat Alessandro Della Vedova bei der Behandlung der Anfrage in der Grossratsdebatte vom Donnerstag wieder auf. Er habe bei der Gebietsreform mit Herzblut für die Region Bernina gekämpft, sehe heute aber auch die Probleme, mit welcher eine so kleine Region mit gerade mal 5000 Einwohnern zu kämpfen habe. «Heute stelle ich mich auf den Standpunkt, dass eine Fusion der Regionen Maloja und Bernina am vernünftigsten wäre», sagt Della Vedova. Eine gewisse Grösse biete ganz andere Möglichkeiten. Della Vedova verbindet einen möglichen Zusammenschluss mit einem «Aber». Das grösste Problem sei nämlich die Sprache. Entgegen der landläufigen Meinung seien längst nicht alle Puschlaver zweisprachig, würden also auch kein Deutsch sprechen. Das gleiche Problem hätten die Leute aus dem Bergell, und ihre Erfahrungen mit der Region Maloja zeigten, dass die italienische Sprache oft zu kurz komme.

Kanton in die Pflicht nehmen
Della Vedova nimmt diesbezüglich aber die Regierung in die Pflicht und nicht die Region Maloja. «Der Kanton muss diese Problematik erkennen und Geld in die Hand nehmen, um die Übersetzung gewährleisten können.» Er ist überzeugt, dass unter dieser Voraussetzung die Puschlaver einem Zusammenschluss positiv gegenüberstehen könnten. Allerdings auch unter der Bedingung, dass nicht sämtliche Dienststellen in Samedan zentralisiert würden. «Gewisse Grunddienstleistun-gen müssen in Poschiavo bleiben», sagt Della Vedova.
In der recht lebhaften Debatte im Grossen Rat wurde grossmehrheitlich die Meinung vertreten, dass sich die Aufteilung der Regionen bewährt hat. Grossrat Conradin Caviezel (SP, Chur) wünschte sich einen Bericht, welcher detailliert und fundiert darüber Auskunft gibt, was in den Regionen gut läuft und was weniger.

Regierung ist offen
Regierungspräsident Christian Rathgeb stellte einen solchen im Rahmen des nächsten Gemeindestrukturberichtes in Aussicht, dieser soll 2023 erscheinen. Er erinnerte daran, dass die Regierung schon bei der Gebietsreform maximal fünf bis acht Regionen vorgeschlagen habe, was sich dann aber aus politischen Gründen nicht als mehrheitsfähig erwiesen habe. «Eine Zusammen-führung der Regionen Maloja und Bernina wäre eine Chance mit Blick auf das Italienische gewesen», sagte er. Was nicht ist, kann noch werden: In der Antwort der Regierung an Maurizio Michael steht, dass sie offen für eine Reduktion der Anzahl Regionen sei. Allerdings müsse der Anstoss entweder aus den Regionen selber oder dann vom Grossen Rat kommen. Michael selbst zeigt sich nach der Debatte zufrieden darüber, dass mit der Diskussion etwas in Gang gesetzt worden wäre.

Autor: Reto Stifel

Foto: Daniel Zaugg