Die seitens des Bundes erlassenen Veranstaltungsbeschränkungen, die ab dem 29. Oktober 2020 gelten, betreffen die Gemeindeversammlungen grundsätzlich nicht: Politische Versammlungen der Legislativen auf eidgenössischer, kantonaler und kommunaler Ebene sind explizit von den Veranstaltungsbeschränkungen (maximal 50 Personen) ausgeschlossen. Damit präsentiert sich die Ausgangslage anders als im Frühjahr, als die Versammlungen aufgrund des bundesrätlichen Versammlungsverbots nicht durchgeführt werden durften.

Beurteilung vor Ort ist entscheidend
Aufgrund von lokalen Gegebenheiten kann es zu Situationen kommen, welche die Durchführung von Gemeindeversammlungen faktisch verunmöglichen oder einschränken. Ein Grund kann sein, dass es in einer Gemeinde keinen geeigneten Raum gibt, in welchem die Versammlung trotz Maskenpflicht und mit den notwendigen Schutzvorkehrungen durchgeführt werden kann. Auch ein Ausweichen in eine Nachbargemeinde oder die Übertragung in weitere Räume ist nicht in jedem Fall eine sinnvolle Option. Einzelne Gemeinden haben bereits ihrer Besorgnis Ausdruck verliehen, dass ernsthafte Anzeichen dafür vorlägen, dass eine beträchtliche Anzahl Stimmberechtigter nicht an den Gemeindeversammlungen teilnehmen werde oder gar nicht könne. Wenn zahlreiche Personen in Quarantäne sind oder aus epidemiologischen Gründen (z.B. gesundheitliche Bedenken oder Risikogruppen) nicht an der Versammlung teilnehmen können, führt dies dazu, dass zahlreiche Stimmbürgerinnen und Stimmbürger von der politischen Mitwirkung ausgeschlossen werden. Für solche Ausnahmefälle gewährt der Kanton den Gemeinden notrechtlich die Möglichkeit, anstelle einer Gemeindeversammlung eine Urnenabstimmung durchzuführen.

Willensbildung gewährleisten
Im Gegensatz zur notrechtlichen Kompetenzverordnung, die bis zum 22. Juni 2020 in Kraft war, soll die neuerliche Möglichkeit nicht mehr nur für unaufschiebbare Geschäfte bestehen. Die aktuell schwierige Situation erfordert es, dass die Handlungsfähigkeit der Gemeinden uneingeschränkt gewährleistet bleibt. Die Gemeinden haben das Zumutbare vorzukehren, dass die Stimmberechtigten ihren freien Willen auch an der Urne ausdrücken können. Dazu gehört, dass der Gemeindevorstand das Vorgehen amtlich anzeigt, in der Publikation begründet, warum er die Durchführung einer Versammlung als unverantwortlich beurteilt und in der Botschaft die für die Willensbildung massgeblichen beziehungsweise wesentlichen Gesichtspunkte darlegt. Bei unaufschiebbaren Geschäften hat der Gemeindevorstand in der Botschaft die Dringlichkeit und die Notwendigkeit der Geschäfte zu erläutern und sich mit mutmasslicher Kritik an den Geschäften auseinanderzusetzen. Bei anderen Geschäften hat der Vorstand zwingend eine geeignete Vernehmlassung durchzuführen und über deren Ergebnisse transparent zu orientieren. Geeignet ist eine Vernehmlassung dann, wenn sie die Stimmbevölkerung in einem für das Sachgeschäft ausreichenden Masse (zeitlich und sachlich) in den Willensbildungsprozess einbezieht.

Geltungsbereich
Auch bei den Bürgergemeinden, Regionen und Gemeindeverbänden können sich vergleichbare Fragestellungen ergeben. Die Verordnung soll deshalb sinngemäss auch für sie gelten. Die zeitliche Geltung der Bestimmungen ist bis zum 30. April 2021 befristet.

(staka)