Der Steinkauz ist ein wahrer Charakterkopf: Unter kräftigen Überaugenstreifen blicken gelbe Augen forsch über die Kulturlandschaft. Die nur 20 Zentimeter kleine Eule bevorzugt als Lebensraum strukturreiche, extensiv bewirtschaftete Hochstamm-Obstgärten, in dem sie ihre Beute – Mäuse, Insekten, Reptilien oder auch Regenwürmer – meist am Boden jagt. Wo sie noch vorkommt, ist sie ganzjährig im selben Revier anzutreffen.
BirdLife Schweiz hat den Steinkauz gemäss einer Medienmitteilung zum Vogel des Jahres 2021 gekürt um aufzuzeigen, weshalb es zwingend eine ökologischere Landwirtschaftspolitik und eine bessere Raumplanung braucht – nicht nur für den Fortbestand und die Förderung des Vogels des Jahres, sondern auch für den Schutz vieler weiterer Arten im Kulturland.

Der Steinkauz in der Schweiz
Waren seine Rufe einst im Mittelland und Jura in fast 1000 Obstgärten zu hören, wurde der Steinkauz im letzten Jahrhundert immer seltener. Vor 20 Jahren war der absolute Tiefpunkt erreicht: Die Art stand kurz davor, als Brutvogel der Schweiz auszusterben; nur noch 50 bis 60 Paare wurden gezählt. Dank aufwändigen Förderprojekten von BirdLife Schweiz und zahlreichen Partnern konnte die Entwicklung zum Glück umgekehrt werden, so dass 2020 wieder 149 rufende Männchen notiert wurden. Es ist aber noch ein weiter Weg, bis wieder eine stabile Population erreicht ist. In der Schweiz leben Steinkäuze noch in den Eichenhainen des Kantons Genf, den Hochstamm-Obstgärten der Ajoie im Kanton Jura, den Tieflagen des Tessins und im Seeland (Bern/Freiburg).

Brut im Obstgarten
Schon im zeitigen Frühling hallen die Rufe des Steinkauzes durch die Nacht. Die kleine Eule brütet besonders gerne in Höhlen von alten Obst- oder Feldbäumen. Da viele alte Hochstamm-Obstbäume abgeholzt wurden, nimmt er auch spezielle, mardersichere Steinkauz-Röhren gerne an. Diese sind so konstruiert, dass Marder nicht in die Niströhre gelangen können. Damit konnte der Bruterfolg deutlich erhöht werden. Im Mai und Juni ist der Steinkauz mit der Aufzucht der drei bis fünf Jungen beschäftigt. Die Jungen verlassen das Nest Ende Juni noch im Daunenkleid und sitzen oder klettern dann oft recht auffällig auf den Ästen herum. Anfang August trennen sich die Jungkäuze von der Familie. Sie beginnen nun umherzuziehen, um eigene Territorien zu finden. Nur einige wenige wandern dabei weiter als 100 Kilometer, der Grossteil siedelt sich näher als 10 Kilometer zum Geburtsort an, sofern geeignete Lebensräume vorhanden sind.

Im Einklang mit der Natur
«Die erfreuliche Bestandsentwicklung dank den Förderprojekten von BirdLife Schweiz und seinen Partnern darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Veränderungen unserer Landschaft dem kleinen Kauz in den letzten Jahrzehnten stark zugesetzt haben», heisst es in der Medienmitteilung. Millionen von Hochstamm-Obstbäumen wurden gefällt und alte Obstgärten überbaut, aber auch Hecken und andere Strukturelemente verschwanden. Ebenso fatal war die Intensivierung der Landwirtschaft, die durch Überdüngung und dem Einsatz von Pestiziden dem Steinkauz vielerorts die Nahrungsgrundlage geraubt hat.
«In der Raumplanung müssen daher bestehende Lebensräume geschützt werden, wobei vor allem Hochstamm-Obstgärten mit Steinkauzlebensräumen nicht mehr in Bauland umgewandelt werden dürfen», fordert BirdLife Schweiz. Für eine langfristige Planung müssen aber auch neue Obstgärten angelegt werden. Ebenso wichtig ist die Aufwertung der Lebensräume durch Massnahmen wie gestaffelte Mahd von extensiven Wiesen, Beweidung in und um die Obstgärten, neu angelegte Biodiversitätsförderflächen und zahlreiche Kleinstrukturen. (pd)
Weitere Infos: www.birdlife.ch

Autor: pd

Foto: Martin Becker