Die Gründe, sich dieses Wochenende in den Gemeinden Südbündens auf Covid-19 testen zu lassen, können unterschiedlich sein. Wer sich anmeldet und hingeht, tut dies vielleicht um der kostenlosen Gelegenheit willen, aus Solidarität seinem Umfeld gegenüber oder, wie in meinem Fall, um nach durchstandener Infektion einfach nur die Gewissheit zu bekommen, dass die Sache erst mal ausgestanden ist.
Blenden wir fünf Wochen zurück: Da erfahre ich, dass sich meine Lebenspartnerin testen lassen muss, weil sie Kontakt zu einer positiv getesteten Arbeitskollegin hatte, trotz Maske und Abstand. Mein Glück, dass ich regelmässig von zu Hause aus arbeiten kann. Sofort begebe ich mich in Selbstquarantäne und melde dies, nachdem auch meine Partnerin positiv getestet wurde, per E-Mail an die kantonale Covid-Stelle. Erst eine Woche später und nach ersten Symptomen wie Husten, Glieder- und Brustschmerzen lasse auch ich mich testen – leider positiv. Von der Quarantäne also direkt ab in die Isolation, werde offiziell für zehn Tage krankgeschrieben und glücklicherweise mit keinen weiteren, schwereren Symptomen konfrontiert. Nur der Husten hält sich noch hartnäckig – an und für sich nichts Aussergewöhnliches zu dieser Jahreszeit. Deshalb werde ich angehalten, die Quarantäne noch ein paar Tage über die Isolation hinaus beizubehalten.

Und jetzt, alles wieder gut?
Freitagmorgen in Zuoz. Während ich draussen in der Kälte stehe und darauf warte, als einer der ersten Testwilligen in die Turnhalle eingelassen zu werden, bekräftige ich meinen Antrieb: Gewissheit erlangen. Tatsächlich bleibt man auch nach durchstandener Erkrankung völlig im Ungewissen. Noch kratzt es hier und dort, noch reizen zwischendurch mal die Bronchien, aber keine Ahnung, wie viel davon real und akut bedrohlich und wie viel davon psychosomatisch zu erklären ist? Niemand hält den Daumen hoch, schaltet die Ampel auf Grün und sagt «jetzt ist alles wieder gut». Verständlich, wer sich in dieser Situation alleingelassen fühlt.

Spuk in wenigen Sekunden vorbei
Kurz nach acht, es geht los: Rein in die warme Turnhalle, Hände desinfizieren, an der Anmeldung ID vorweisen und das Handy mit dem bei der Anmeldung generierten QR-Code vorzeigen. «Wir passen noch das Geburtsdatum an, dass haben Sie bei der Anmeldung wohl übersprungen», sagt ein Mann mit Maske und lacht. Er scannt den QR-Code, kontrolliert die ID, nickt anerkennend und schickt mich in die nächste Wartezone.
Eine Frau, offensichtlich eine medizinische Fachperson mit blauem Schutzmantel, Maske und Schutzbrille winkt mich heran. Die Stimme kommt mir bekannt vor, sie grüsst und stellt sich als Hanja Pircher aus Zuoz vor. Klar doch, wir kennen uns. «Bitte hinsetzen, die Maske von der Nase nehmen und den Kopf leicht zurücklehnen.» Die Nasenöffnung scheint etwas verengt, aber beim zweiten Anlauf dringt das lange Wattestäbchen weit in den Nasen-Rachenbereich ein. Während Hanja Pircher das Stäbchen ein paar Mal hin und her dreht, kitzelt es, nicht mehr und nicht weniger. Und genau so, wie beim ersten Test beim Hausarzt in Zernez.
«Ist es okay so?», fragt sie, zieht, bevor ich richtig antworten kann, das Wattestäbchen auch schon wieder aus der Nase, «das war’s schon, danke». Sofort schiebt sie das Wattestäbchen in ein Plastikröhrchen mit einer Spezialflüssigkeit, drückt das Röhrchen etwas zusammen, damit sich Flüssigkeit und Abstrich gut vermischen, bricht den aus dem Röhrchen ragenden Teil des Stäbchens ab und verschliesst das Teströhrchen. Im nächsten Schritt nimmt Hanja Pircher ein kleines, weisses Schnelltest-Analysegerät und träufelt aus dem Plastikröhrchen fünf Tropfen Flüssigkeit in eine Vertiefung. Wenige Augenblicke später beginnt sich die Geräteanzeige bereits zu verfärben.
Während ich zur nächsten Station weitergehe, wo Flyer aufliegen, die mich über die weiteren Schritte nach Erhalt des Testresultats informieren, wird im Hintergrund das Testresultat abgewartet, in die entsprechende Personendatei übertragen und daraus wenig später die automatisierte SMS-Nachricht generiert und versendet auf die ich nun gespant warte: Negativ, ich kann aufatmen.

Hygiene- und Schutzmassnahmen
Doch Vorsicht. Ein negatives Testergebnis lädt weder zu Unvorsichtigkeit ein noch ist es ein Blanko-Scheck für das weitere Verhalten. Wer negativ getestet wurde, muss sich weiterhin an die gültigen Hygiene- und Schutzmassnahmen des BAG halten. Wer hingegen ein positives Testresultat übermittelt bekommt, muss sich in Selbstisolation begeben, sein näheres persönliches Umfeld informieren und sich an die entsprechenden Weisungen halten. Wem ein «ungenaues» Testresultat zurückgemeldet wird, der oder die muss leider nochmals anstehen und den Test wiederholen.
Weitere Informationen und Anmeldung zum Coronatest unter: www.gr.ch/corona-test

Infobox: Testkapazitäten sind noch lange nicht ausgeschöpft
Martin Bühler, Chef des kantonalen Führungsstabes, besuchte am Freitagvormittag mit einer Delegation aus Gemeindepräsidenten und Journalisten das Testcenter Zuoz und später noch jenes in St. Moritz. Er wollte sich übers Wochenende in allen Regionen Südbündens ein Bild der Lage machen, sagte er auf Anfrage und «herausspüren, wie die Leute mit der Situation umgehen und was es in der Planung allenfalls zu verbessern gibt.»
Vor Ort in Zuoz habe er grosse Ruhe und Ordnung und eine extreme Professionalität feststellen können. «Die Testwilligen sind positiv gestimmt, nicht nervös, aber gespannt», so Bühler. «Wir wollen aus diesem Pilotprojekt von nationalem Interesse die maximalen Lehren ziehen können.» Das Ganze gehe weit über die Flächentests hinaus, so Bühler, man sammele so wichtige Erfahrungen auch für weitere Massnahmen oder Notsituationen, beispielsweise für  eine grössere Impfaktionen, sollte diese dereinst aktuell werden. Am Freitagmittag bezifferte Martin Bühler den Stand der Testanmeldungen auf gut 10 230. «Wir hoffen mit der nötigen Kommunikation, diese Zahl sukzessive auf die angestrebten 20 000 oder sogar darüber hinaus erhöhen zu können. Der Aufruf lautet deshalb: Seien Sie solidarisch und lassen Sie sich testen.

Autor: Jon Duschletta, Foto: Beat Gamper