Mit Beginn der Wandersaison kann man vor allem in den höheren und schattigen Lagen bis weit in den Juli Altschnee vorfinden. Dieser sorgt an manchen Stellen aber nicht nur für eine Abkühlung, sondern auch für grosses Staunen und Verwunderung. Teilweise kann man rosarote bis tiefdunkle, karminrote Schneeflächen entdecken. Gelblich bis bräunliche Verfärbungen im Schnee sind im Hochwinter durch Staub aus der Sahara bekannt. «Das Phänomen von rot gefärbtem Schnee ist schon seit Jahrhunderten bekannt,» erklärt Christian Rixen vom Institut für Schnee- und Lawinenforschung (SLF) in Davos. Und in der Tat beschrieben schon Aristoteles und die Wikinger dieses Phänomen.

Hochgebirge als Lebensraum
Verantwortlich dafür ist die winzige Schneealge. Hierbei handelt es sich um Mikroorganismen, nämlich eine schneebewohnende Grünalge, die für die Verfärbung im Schnee verantwortlich ist. «Hauptsächlich ist die Schneealge im Hochgebirge und in Polargebieten zu finden», erklärt Rixen. Während den Sommermonaten ist in den mittleren Breiten die Verfärbung im Altschnee zu beobachten. Erst mit Erfindung von Mikroskopen liess sich das Phänomen des sogenannten Blutschnees wissenschaftlich beschreiben. Die Einzeller sind perfekt an frostige Temperaturen angepasst und gedeihen meistens erst in einer Höhe ab 1800 Metern. Ihr Lebensraum ist die Schneeoberfläche.

Alge beschleunigt Schneeschmelze
Die einzellige Alge ernährt sich vom Wasser und Nährstoffen aus dem Schnee. Es gäbe Studien, so Rixen, bei denen Satellitenbilder aus dem Weltall den Weissgrad der Schneeoberflächen zeigen. «Dann zeigen sich farbliche Unterschiede, die unter anderem auf die Alge zurückzuführen sind», so Rixen. Daraus ist zu schliessen, dass das Sonnenlicht von den dunkleren Flächen absorbiert und nicht wie sonst durch die weisse Schneeoberfläche reflektiert wird. Die Schneeschmelze könne dadurch deutlich schneller vonstatten gehen. Das jährliche Auftreten unterliege vermutlich natürlichen Schwankungen, heisst es dazu in der Literatur.

Roten Schnee essen?
Zu sehen ist der rote Schnee aktuell in verschiedenen Gebieten. Beispielsweise im Gebiet des Scalettapasses im Oberengadin. Aber auch im Unterengadin im Gebiet des Crap Putèr oberhalb von Tarasp kann das Auftreten beobachtet werden. In Schattenlagen über 2300 Meter ist der Altschnee teilweise blutrot gefärbt. Grund zur Sorge bestehe aber nicht, meint Rixen. «Studien haben gezeigt, dass die Alge selbst nicht giftig ist.» Zu Recht stellt Rixen abschliessend die Frage, ob man den Blutschnee denn essen könne? Man sollte nicht, denn er ist für den Menschen giftig und wirkt stark abführend. Ein direkter Zusammenhang zwischen dem Phänomen und dem Klimawandel sei allerdings nicht bekannt.

Autor: Mayk Wendt