Eins vorneweg: Die wichtige Nord-Süd-Verbindungsstrasse und vielbefahrene Zufahrtsroute ins Oberengadin, die Malojastrasse H3b im Abschnitt zwischen Silvaplana und Sils, bedarf einer Sanierung und auch die Entflechtung von Pendler-, Güter- und Privatverkehr mit dem Langsamverkehr harrt einer sicheren Lösung.
Dies alles ist nur mit einer umfassenden Sanierung und einer markanten, hangseitigen Verbreiterung der Hauptstrasse möglich. Um dieses Vorhaben umzusetzen bedarf es vorgängig der Anpassung des kantonalen Richtplans «Region Maloja – Strassenausbau und -erhaltung» und auch der gleichzeitigen Anpassung des regionalen Richtplans in den Bereichen «Landschaft» und «Langsamverkehr». Beide Richtpläne sind noch bis Mitte September zur Vernehmlassung öffentlich aufgelegt.

Aufgeteilt in zwei Strassenabschnitte
Der solchermassen aufgelegte kantonale Richtplan unterteilt die sanierungsbedürftige Malojastrasse in zwei planerische Abschnitte. Jener zwischen Sils, respektive Plaun da Lej und Maloja wird aufgrund der weiterhin offenen Fragestellung um den möglichen wintersicheren Ausbau mittels Galerien oder Tunnel im sogenannten Koordinationsstand «Zwischenergebnis» belassen.
Im Stand «Festsetzung» befindet sich hingegen der Abschnitt Silvaplana – Sils und dies mit ganz konkreten Ausbauplänen des kantonalen Tiefbauamts (TBA). Diese lediglich fünf bis sechs Meter breite Hauptstrasse ist stark abgenutzt und widerspricht, nicht zuletzt durch fehlende Radstreifen, den heute gängigen Anforderungen an die Verkehrssicherheit und auch die Frostsicherheit. Auch die generelle Tragfähigkeit des Strassenkörpers ist laut dem TBA nicht mehr erfüllt.
Geplant ist laut dem technischen Bericht, den bestehenden Strassen-Oberbau samt Fundament auf diesem Strassenabschnitt vollständig zu ersetzen und diesen auf insgesamt knapp zehn Meter zu verbreitern (sechs Meter Fahrbahn, beidseitige Radstreifen von je 1,25 Metern Breite und seitliche Hindernisfreiheit von 0,7 Metern). Weil der Streckenabschnitt vom Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler BLN (Objekt-Nr. 1908 Oberengadiner Seenlandschaft und Berninagruppe) tangiert ist, ist die Verbreiterung der Strasse ausschliesslich hangwärts geplant. Heisst, dass die «prägenden und für die Landschaft im Oberengadin charakteristischen Elemente am Seeufer» erhalten bleiben. Gemeint sind Seeuferstreifen, Bäume und Baumgruppen, Felsbrocken oder Wiesenböschungen. Auch wenn die Strasse nicht begradigt wird, sondern weitgehend dem bestehenden Verlauf folgt, sind hangseitige und in Naturstein ausgekleidete Stützmauern von bis acht Metern Höhe unumgänglich.
Die damit einhergehenden, permanenten Verluste von natürlichen Lebensräumen – konkret von rund 1,7 Hektaren Fauna und rund 0,7 Hektaren Wald – sollen gemäss Umweltbericht in verschiedenen Ersatz- und Aufwertungsprojekten in der näheren Umgebung ausgeglichen werden.

Regionale Schwachstelle Radverkehr
Im regionalen Richtplan Maloja geht es in erster Linie um Anpassungen beim Langsamverkehr. Namentlich um die Festlegung einer durchgehenden Wegverbindung für Radfahrer, Fussgänger und Langläufer auf der gegenüberliegenden Südseite des Silser- und Silvaplanersees, geplant von den beiden Gemeinden Sils und Bregaglia. Dies auf der Basis des 2019 in Kraft getretenen kantonalen «Sachplan Velo» sowie den regionalen Konzepten «Masterplan Langlauf» und «Engadin Arena». Die stark befahrene und damit gefährliche Malojastrasse gilt als eine der grössten Schwachstellen im Oberengadiner Netz des Langsamverkehrs.
Der bestehende Radweg, signalisiert als Radroute 65, verläuft am südlichen Seeufer auf unasphaltierten Land- und Forstwirtschaftswegen, die auch als Wanderwege dienen und entsprechendes Konfliktpotential bergen. Rennvelofahrer benützen die am Nordufer verlaufende Malojastrasse und für Mountainbiker besteht ein separater, höher gelegener Bikeweg. Im «Sachplan Velo» ist die Malojastrasse dem Alltags-Veloverkehr zugewiesen, wird aber, in Ermangelung einer valablen Variante am Südufer, häufig auch von Freizeit-Velofahrern benutzt, darunter von Senioren, grösseren Gruppen oder Familien.
Ziel des generellen «Wegkonzepts Langsamverkehr» des regionalen Richtplans – 2012 vom damaligen Kreisrat und der Regierung beschlossen – ist unter anderem die Erschliessung des Oberengadins mit «im Talboden durchgehend verlaufenden Rad- und Fussgängernetzen für den Schüler-, Pendler- und Freizeitverkehr», inklusive deren Entflechtung wo nötig und möglich.
Bestandteil des Konzeptes sind auch das regionale Loipennetz und insbesondere die Marathonloipe samt allen Zugangspunkten, zusammengefasst im gemeindeübergreifenden Strategiepapier «Masterplan Langlauf». Dieser wird jährlich von der Präsidentenkonferenz der Region Maloja überprüft und aktualisiert. Zudem gilt die ganzjährige Verbindung für den Langsamverkehr auf der Südseite des Silsersees als eine von fünf Schwerpunkten aus dem Entwicklungskonzept «Engadin Arena».

Die öffentlichen Auflagepapiere sind bei der Region Maloja in der Chesa Ruppaner in Samedan oder beim kantonalen Amt für Raumentwicklung ARE in Chur (hier nur gegen Voranmeldung) aufgelegt. Online sind die Dokumente unter folgenden Links einsehbar: www.regio-maloja.ch oder www.are.gr.ch.

Infobox: Malojastrasse ist stärker befahren als die Julierroute
Sie ist vielbefahren, die grundsätzlich ganzjährig geöffnete Nord-Süd-Verbindung zwischen dem Oberengadin, dem Bergell, der Provinz Sondrio und dem lombardischen Ballungsraum Milano. Kernstück ist die 33 Kilometer lange Malojastrasse (Hauptstrasse H3b), welche von Silvaplana bis zur Landesgrenze bei Castasegna reicht, von rund 2600 Grenzgängern benutzt wird, zudem eine wichtige Güterstrecke ist, von zwei Buslinien des Engadin Bus, zwei Postautokursen und vom privaten Individualverkehr befahren wird.
Verkehrszählungen aus dem Jahr 2017 haben am Malojapass einen durchschnittlichen Tagesverkehr von 3290 Fahrzeugen erfasst. Zum Vergleich: Im gleichen Jahr wurden am Julierpass 3035, am Berninapass 2050 und auf der Engadinerstrasse an der Grenze vom Ober- zum Unterengadin 2880 Fahrzeuge gezählt. Damit weist die Malojastrasse als Zufahrtsachse ins Oberengadin das höchste Verkehrsaufkommen aus.
Zählungen des Verkehrsmodells Graubünden aus dem Jahr 2010 beziffern den durchschnittlichen Tagesverkehr auf dem Abschnitt Silvaplana – Sils auf rund 5800 Fahrzeuge. Mit knapp zehn Prozent grossen Fahrzeugen (LkW, Sattelzüge, Busse, Lieferwagen) ist der Anteil grosser Fahrzeuge auf diesem Strassenabschnitt vergleichsweise hoch. Hinzu kommt die rege Benutzung der engen Strasse durch den Langsamverkehr wie Velo- und Bikefahrer. Im regionalen «Sachplan Velo» ist die Malojastrasse als Veloverbindung von kantonaler Bedeutung, gleichzeitig aber auch als «lineare Schwachstelle» aufgeführt.
Gemäss dem Verkehrsmodell Graubünden ist für die Malojastrasse bis ins Jahr 2035 mit einer jährlichen Verkehrszunahme von 0,9 Prozent auf einen durchschnittlichen Tagesverkehr von bis zu 7200 Fahrzeugen auszugehen.
Quelle: Kantonaler Richtplan «Region Maloja – Strassenausbau und -erhaltung».

Autor und Foto: Jon Duschletta