Die Initianten der kantonalen Volksinitiative «Für eine naturverträgliche und ethische Jagd» mögen zusammen mit Tierschützerinnen und Tierschützern im Vergleich zum Umfeld der Bündner Jägerschaft zahlenmässig in der Minderheit sein. Strategisch haben sie den richtigen Riecher gehabt, haben auf Emotionen gesetzt und sind mit einem Initiativtitel auf Stimmenfang gegangen, der unreflektiert betrachtet, bestimmt auch die Mehrheit der Bündner Jägerinnen und Jäger mitunterzeichnet hätte. Genau hier beginnt das Problem: Niemand will eine Jagd die naturunverträglich und unethisch ist, weder Jagende noch selbstredend Tier- und Naturschützer. So gesehen ist der Titel der Initiative irreführend. Und irreführend ist, zumindest aus Sicht von Jagdkreisen, auch die eigentliche Abstimmungsfrage. Wer nämlich «Ja» sagt zur Initiative, sagt im Grundsatz «Nein» zur Jagd. Ergo signalisiert, wer «Nein» stimmt, sein Einverständnis zum bisherigen Jagdsystem im Kanton Graubünden. Das ist schlicht zu kompliziert, ein Risiko für Missverständnisse und unreflektierte Entscheide. Eine solchermassen komplexe wie verwirrende Jagdvorlage kann zusammen mit den diversen und allesamt kein bisschen einfacher zu verstehenden nationalen Abstimmungsunterlagen auch die Abstimmungsbereitschaft in der Bevölkerung strapazieren. Mit dem Risiko, dass die Stimmzettel im Altpapier landen, anstatt in der Abstimmungsurne. Und das will niemand.

Autor und Foto: Jon Duschletta

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