Die Verabschiedung des Protokolls der Gemeindeversammlung ist im Normalfall nicht das, was für Aufregung sorgt. Auch in Samedan am vergangenen Donnerstag nicht. Speziell war aber, dass das letzte Protokoll mit dem 19. Dezember 2019 datiert ist – seither haben sich die Samedner nicht mehr im Gemeindesaal getroffen. Coronabedingt wurden die anstehenden Geschäfte an der Urne verabschiedet.

So war es auch für Gian Peter Niggli seine erste Gemeindeversammlung, er hat das Amt per Anfang dieses Jahres von Jon Fadri Huder übernommen. Niggli versprühte Aufbruchstimmung. Zum einen wegen der Eröffnung der Porta Samedan und der geplanten Erweiterung der Gewerbezone, die gemäss Niggli die Zentrumsfunktion der Gemeinde für die Region unterstreicht. Stimmen, die durch die Aufwertung von Cho d’Punt eine Entleerung des Dorfkerns befürchten, hört er zwar, die Ängste aber kann er nicht teilen. «Samedan hat einen äusserst attraktiven Dorfkern, jetzt geht es darum, das den Leuten auch aufzuzeigen.» Zum anderen gründet sein Optimismus auf das neue Verwaltungszentrum des Kantons am Bahnhof, auch wenn dieses im Moment aufgrund von Einsprachen blockiert ist. 

Gewinn statt Verlust 

Die von 42 Stimmberechtigten besuchte Gemeindeversammlung genehmigte sowohl die Jahresrechnung wie auch die Rechnung des Energieversorgungsunternehmens «Energia Samedan» ohne Gegenstimmen. Die Gemeinderechnung schliesst statt des budgetierten Verlusts von 1,5 Mio. Franken mit einem Gewinn von 3,5 Mio. Zurückzuführen auf tiefere Aufwendungen – auch covidbedingt wegen weniger Anlässen – vor allem aber aufgrund von höheren Fiskalerträgen. Mehreinnahmen wurden bei den Einkommenssteuern der natürlichen Personen sowie der Gewinn- und Kapitalsteuern der juristischen Personen erzielt wie auch bei den Grund- und Liegenschaftssteuern und den Vermögensgewinn- respektive den Vermögensverkehrssteuern. 

Spielraum für Steuersenkung

Netto hat die Gemeinde im Rechnungsjahr 2020 gut vier Millionen Franken investiert, deutlich mehr als geplant. Seit 2013 ist es gelungen, die Verschuldung der Gemeinde von 56 Millionen Franken zu halbieren. Gemäss Gian Peter Niggli ist das vor allem Vorgänger Jon Fadri Huder und seinem Team zu verdanken, welches den Massnahmenplan zur Sanierung des Finanzhaushaltes nicht nur initiiert sondern auch umgesetzt hätte. Das sei nicht selbstverständlich. Viele hätten dazu beigetragen, auch die Bevölkerung, welche die Sparbemühungen mitgetragen habe. Der neu gewonnene finanzielle Spielraum erlaubt es gemäss Niggli auch, eine Steuersenkung ins Auge zu fassen. Darüber soll an der nächsten Budgetversammlung Ende Herbst entschieden werden. 

Im Weiteren hat die Gemeindeversammlung im Rahmen einer Teilrevision der Ortsplanung die Gewässerräume neu definiert und die Leistungsvereinbarung mit der Engadin St. Moritz Tourismus AG zur Finanzierung der regionalen Top-Events gutgeheissen. Am Schluss der Versammlung wurden Jon Fadri Huder und die ausgeschiedenen Vorstandsmitglieder Annigna Nick und Andry Niggli verabschiedet. 

Autor: Reto Stifel

Foto: Academia Engiadina/Gian Giovanoli