«Mit der Region – für die Region» unterzeichnete der Verleger Walter-Urs Gammeter den Artikel «in eigener Sache» auf der Front der «Engadiner Post/Posta Ladina» vom 5. Dezember 1996. «Die Sprache der anderen wollen wir als Brücke sehen, gelebte Zweisprachigkeit ist im Engadin und Münstertal Alltag und wirkt so zur Förderung der Verständigung», schrieb er und forderte die Leserschaft auf, zusammen diese anspruchsvolle Aufgabe wahrzunehmen und den Schritt in die Zweisprachigkeit zu wagen. 

Damit gelang ihm ein grosser Coup, wie einer der 25 Jubiläumskolumnisten in seinem Text festhielt. Der Verlag Engadin Press AG hatte das Ende des geliebten «Fögl Ladin» verkündet. Hanspeter Lebrument, damaliger Delegierter des in Chur domizilierten Gasser-Verwaltungsrates hatte bereits eine romanische Tageszeitung versprochen. Die «La Quotidiana» sollte als dritter Titel in das Zwei-Titel-System mit den beiden deutschsprachigen Tageszeitungen «Bündner Zeitung» und «Bündner Tagblatt» integriert werden. Die erste Ausgabe der romanischen Tageszeitung erschien am 6. Januar 1997. 

Ein taktischer Schachzug

Dass die erste Ausgabe der zweisprachigen «Engadiner Post/Posta Ladina» noch vor der Erstausgabe der «La Quotidiana» erschien, war ein taktischer Schachzug. Der Verleger Walter-Urs Gammeter hatte verschiedene Vertreter der romanischen Sprache zu einem Meinungsaustausch mit dem Verlag und der Redaktion nach St. Moritz eingeladen. Dabei spürte er den Wunsch nach einer Lokalzeitung, die auch die romanische Sprache angemessen berücksichtigt. Weniger Freude hatte die übrige Rumantschia, welche die «Posta Ladina» als Konkurrenzprodukt zur romanischen Tageszeitung «La Quotidiana» sah. 

Weil der «Fögl Ladin» in die «La Quotidiana» integriert wurde, wechselten auch die Abonnenten des «Fögl Ladin» automatisch zur romanischen Tageszeitung. Doch fortan liessen sich diese von der klaren Positionierung und dem Regionalbezug der «Engadiner Post/Posta Ladina» überzeugen. In der Zwischenzeit hat die zweisprachige «Engadiner Post/Posta Ladina», welche sehr eng mit der Fundaziun Medias Rumantschas FMR (früher ANR) zusammenarbeitet, ihren Platz in der Bündner Presselandschaft gefunden und sich im Engadin und der Val Müstair etabliert. Die «Posta Ladina» als kleine Schwester der «Engadiner Post» ist erwachsen geworden, ihr selbstbewusster Auftritt wird auch in der Rumantschia anerkannt. 

Stetig weiterentwickelt

Die «Posta Ladina» hat sich in den vergangenen 25 Jahren stetig weiterentwickelt. War die romanische Sprache zu Beginn noch auf zwei Seiten beschränkt, kommen die Leserinnen und Leser heute überall in der Zeitung mit der romanischen Sprache in Kontakt. Die zweisprachige «Engadiner Post/Posta Ladina» widerspiegelt augenscheinlich den Alltag im Engadin. Die Zweisprachigkeit wird jeden Tag gelebt und ist nicht nur Dekoration oder ein Werbespruch. 

Vor fünf Jahren wurde der 20-jährige Geburtstag gross gefeiert, wie es sich für eine volljährige Jugendliche gehört. Damals ist auch das Büchlein «Allegra Ladina» als Geburtstagsgeschenk für die Leserschaft erschienen. Dieses Wörterbuch mit Illustrationen vom erst kürzlich verstorbenen Jürg Parli (JüPa), beinhaltet einen Zusammenzug der seit der ersten Auflage immer samstags erscheinenden Übersetzungsbox «Imprender rumantsch». Seit dem 20. Geburtstag arbeitet die «Engadiner Post/Posta Ladina» auch mit einem Zweisprachigkeits-Symbol und fasst regelmässig romanische Texte in deutscher Sprache auf der Frontseite zusammen. 

Das 25-jährige Jubiläum wird auch pandemiebedingt ruhiger und besonnener gefeiert. Während des gesamten Jahres haben 25 Personen eine Jubiläumskolumne geschrieben und der Jubilarin ihre Glückwünsche überbracht. Dabei wurde das Geburtstagskind gelobt, aber auch mit Ideen für die Weiterentwicklung bedacht. In regelmässigen Abständen wurden beziehungsweise werden diese Kolumnen noch bis Ende Jahr veröffentlicht. 

Nach dem kleinen Geburtstagsfest wird die «Engadiner Post/Posta Ladina» voller Elan die Herausforderungen der Zukunft annehmen. 

Text: Nicolo Bass