In meinen Ferien besuchte ich eine Freundin in Düsseldorf. Aufgrund eines Termins musste ich eines Samstags dringend zurück nach Ulm. Die Regionalverbindungen waren bereits alle ausgebucht – Fortuna Düsseldorf sei Dank, welche am Abend zuvor gegen den SV Darmstadt siegten – also löste ich ein ICE-Ticket. Bereits auf dem Schaltermonitor wurde angezeigt, dass bei gebuchtem ICE mit einer Verspätung von 20 Minuten zu rechnen sei. Ich nahm es gelassen – von der Deutschen Bahn war man es ja nicht anders gewohnt. Ich machte mich gemächlich auf den Weg zu Gleis 5, wie auf dem Ticket angegeben. Dort angekommen, stellte ich verwundert fest, dass der Zug auf der Anzeigetafel nicht aufgeführt war. Fünf, etwas zerknittert aussehende Fussballfans, blickten ebenso ratlos drein. Fünf Minuten später die Durchsage: «Der ICE 519 gen München über Ulm fährt heute auf Gleis 10.» Stoisch nahm ich es hin und dackelte der Darmstadt-Fussball-Fangruppe hinterher. An Gleis 10 angekommen, ein Déjà-vu: Auf der Anzeigetafel war der Zug wiederum nicht zu finden. Zehn Minuten bis Abfahrt, die Zeit drängte nun. Im Stechschritt marschierte ich zur Infostelle. Ein Bahnangestellter informierte lapidar: Wo der ICE 519 letztendlich eintreffe, wisse man noch nicht. Ich fühlte mich wie Harry Potter auf der Suche nach dem Hogwarts-Express. Sollte ich mein Glück auf Gleis 9 3/4 versuchen? Die Verzweiflung war mir wohl ins Gesicht geschrieben, denn mitleidsvoll gab mir eine Bahnmitarbeiterin den gut gemeinten Ratschlag: Auf Gleis 1 stünden – und ich zitiere – «die Chancen am besten». Ich rannte auf Bahnsteig 1, um dort festzustellen, dass der mysteriöse ICE in ebenjenem Moment auf Gleis 4 einrollt. Ich sprintete los, die Männergruppe im Schlepptau. «Es ist wohl einfacher, gegen den FC Bayern zu gewinnen, als mit der Deutschen Bahn zu fahren,» brachte es ein Darmstädter luftjapsend auf den Punkt, als sich die Türen hinter uns zischend schlossen und sich der Hogwarts-Express 519 in Bewegung setzte. 

 

Autorin: Denise Kley