Kürzlich bin ich als Parksünder gebüsst worden. Meinte ich zumindest. Auf einem Parkplatz, fast so gross wie ein Fussballfeld, auf der Südseite des Berninapasses. Im Sommer mag es dort viele Autos haben, weil von Sfazù der Weg in die Val da Camp führt. Jetzt aber ist der Platz nicht nur morastig, er ist auch ziemlich leer. Ich käme nie auf den Gedanken, dass man im Nirgendwo um diese Jahreszeit für den Parkplatz zahlen muss.
Bis mein Sohn auf der Heimfahrt einen Zettel unter dem Scheibenwischer entdeckt. Absender ist die Kantonspolizei Graubünden, Grund für den Zettel mit dem schönen, blau glänzenden Rand eine Ordnungsbusse mit der Nummer 3069877. Durch Scannen des Barcodes und Eingabe der Autonummer erfahre ich mehr. Respektive würde ich mehr erfahren. «Es konnten keine Angaben gefunden werden», erscheint auf dem Display. Falsche Autonummer? Ich bin doch nicht blöd. Zu früh abgefragt, weil noch nicht im System erfasst? Nein. Die Warnung erscheint auch am nächsten, übernächsten und überübernächsten Tag.
Als pflichtbewusster Bürger, der nicht in den Knast wandern möchte, rufe ich am überüberübernächsten Tag bei der Polizei an. Eine freundliche Dame erklärt mir, dass ich mir wegen dem Knast keine Sorgen machen müsse, die Busse werden Ende des Monats sowieso via Post zugestellt. «Aber», stellt sie fest, «das Ganze ist doch etwas seltsam.» Und sie hat einen Verdacht. «Jemand hat den Bussenzettel von seinem Auto genommen und bei ihnen unter die Scheibenwischer geklemmt.»
Das komme ab und zu vor. Ha, so ein Lappi. Der hat die Rechnung ohne die Polizei gemacht. Denn selbstverständlich ist im System hinterlegt, zu welcher Autonummer die Busse gehört. Der Sünder oder die Sünderin wird Ende Monat der gerechten Strafe zugeführt. Und ich bin von Schuld und Sühne. Obwohl: Bezahlt habe auch ich nicht. Man muss sich halt einfach nicht erwischen lassen.
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Autor und Foto: Reto Stifel