10.05.2025 Jon Duschletta 2 min
Das Bild "Die Heilsarmee" von Dürrenmatts Freund Varlin, alias Willy Guggenheim, ziert das ehemalige Arbeitszimmer von Friedrich Dürrenmatt. Foto: Jon Duschletta

Das Bild "Die Heilsarmee" von Dürrenmatts Freund Varlin, alias Willy Guggenheim, ziert das ehemalige Arbeitszimmer von Friedrich Dürrenmatt. Foto: Jon Duschletta

Ostern ist grad vorbei, als der Schreibende anstatt im Garten dem Löwenzahn beim Wachsen zuzuschauen, mit seiner Partnerin eine kleine Reise tut. Einmal mehr landen wir in Neuchâtel, steigen ins Vallon de l’Ermitage hoch und besuchen dort zum ersten Mal überhaupt das Centre Dürrenmatt, welches gerade sein 25-Jahr-Jubiläum feiert. Der Schreibende wundert sich im CDN, wie das Centre Dürrenmatt Neuchâtel abgekürzt heisst, über das malerische Erbe Dürrenmatts und staunt zugegebener weise auch ob dessen literarischem Werk, welches sich hier Besuchenden in seiner ganzen, schier unglaublichen Breite und Tiefe darlegt. Endlich kauft er sich Dürrenmatts «Durcheinandertal» – diese satirische Gangstergroteske, welche in seinen Grundzügen Dürrenmatt schon 1957 bei einem Aufenthalt in Vulpera eingefallen sein soll – nimmt es am Abend im Hotel zur Hand, verschlingt die 140 Seiten förmlich und amüsiert sich dabei, Seite für Seite, köstlich.
Friedrich Dürrenmatt (1921 – 1990), weltbekannt für seine Romane, Theaterstücke, Zeichnungen und Bilder, war auch regelmässig im Engadin und im Bergell zu Gast und hegte eine enge künstlerische Freundschaft zum Kunstmaler Varlin, alias Willy Guggenheim, der ab 1963 und bis zu seinem Tod 1977 in Bondo lebte. Mindestens zwei Bilder Varlins zeugen im CDN davon.
Genau, aber eigentlich wollte ich eine kleine Episode aus meiner Jugendzeit in St. Moritz erzählen: Einmal wurde ich beim Besuch meines damaligen Hausarztes Fred Auer von seiner Frau Heidi Auer-Fassbind – beides Herzensmenschen, selig – ins Wartezimmer beordert. Dort sass ich einem stattlichen älteren Mann gegenüber. Noch heute ärgere ich mich grün und blau darüber, dass ich dies in Ehrfurcht erstarrt und stillschweigend tat, mir wohl nicht sicher war, ob er es tatsächlich war, und mich auch nicht getraute diesen anzusprechen, zu fragen: «Grüezi, sind Sie nicht, äh, Sie sind doch, ich glaub, Sie sind dieser Schriftsteller, helfen Sie mir, sind Sie nicht Friedrich Dürrenmatt?» Heute weiss ich es, natürlich, es war Dürrenmatt. Ich, alleine mit ihm in einem Wartezimmer, welch ein Moment, sind wir doch, zumindest im Geiste, ja so etwas wie Berufskollegen, ich und Dü.

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j.duschletta@engadinerpost.ch

Jon Duschletta

j.duschletta@engadinerpost.ch
Jon Duschletta ist seit 2012 Redaktor bei der «Engadiner Post/Posta Ladina».

PS werden von den Redaktorinnen und Redaktoren der Engadiner Post / Posta Ladina geschrieben und erscheinen wöchentlich in der Samstagsausgabe der EP/PL.