02.06.2025 Bibi Vaplan 2 min
Bild: Birdviewpicture & Daniel Künzli

Bild: Birdviewpicture & Daniel Künzli

Auf einem Heissluftballon Schlagzeug spielen? Das klingt unfassbar verrückt, der Schweizer Popsänger Nickless hat es tatsächlich getan. Als ich die Videos dieser Aktion gesehen habe, war mein erster Gedanke: Das ist hundertprozentig gefälscht. Aber nein! Es wurde alles sorgfältig vorbereitet, professionell umgesetzt und dokumentiert. Ja, es hat mich zu noch mehr Offenheit gegenüber Verrücktem inspiriert und mir ein Lächeln ins Gesicht gezaubert. Natürlich war dies vor allem ein riesiger Promo-Gag und er hat funktioniert: Vom ZDF-Fernsehgarten bis zu den Swiss Music Awards war Nickless mit dieser Aktion Thema Nummer 1, seine Streaming-Zahlen gingen durch die Decke. 

Die US-amerikanische Sängerin Katy Perry hat es auch in die Höhe gewagt, um ihre «The Lifetimes Tour» zu promoten: Mit fünf weiteren Frauen ist sie am 14. April mit einer Rakete ins All geschossen worden. Diese Aktion ging trotz Wagemut in die Hosen und sorgte für viele negative Schlagzeilen. Trotzdem hat jeder diese Geschichte irgendwie mitbekommen oder das Bild gesehen, wie die Popqueen nach der Landung die Erde küsste. Auch negative Schlagzeilen sorgen für Klicks, Streams und Konzertbesuche. 

Rapper Kanye West hingegen hat es seiner Frau überlassen, für Furore zu sorgen. Bei den Grammys ist Bianca Censori sozusagen splitternackt aufgetaucht. Die zensierten Bilder machten weltweit die Runde.

Auch ich bin neuerdings in den Medien öfter mal mit zwei Stieren zu sehen. Wer jedoch nur einen Hauch von Ahnung hat, wie arbeitsintensiv und anstrengend die Erziehung dieser zwei Tiere sein kann, weiss, dass Promotion nicht der Hauptgrund für die Rettung von Roccobello und Leon ist.

Die Zeit, in der Musiker:innen nur gute Musik und inspirierende Shows produzieren mussten, ist definitiv vorbei. Täglich werfen wir uns in ein digitales Meer, sind abgestumpft, werden mit unendlich viel Werbung und Spam konfrontiert, alle wollen etwas, etwas verkaufen, Bikinis, Coaching, Musik, Sensationen, Oberflächliches. Als Musikerin wird es für mich immer schwieriger, gegen Algorithmen zu kämpfen und für Präsenz zu sorgen. Und wenn ich diese mal habe, vergeht sie schneller, als dass ich bis zehn zählen kann. Ist noch mehr Sensation wirklich das, was die Welt braucht?

Bibi Vaplan

Bibi Vaplan (geboren 1979) ist im Engadin aufgewachsen. Das Klavierstudium an der Zürcher Hochschule der Künste schloss sie 2005 mit dem Lehrdiplom ab. Schon während des Studiums komponierte sie für Filme und Theater (u.a. für Vitus). Stilistische Grenzen waren schon immer ein willkommener Grund, über den Zaun zu schauen. Bibi Vaplans Konzerte und ihre mediale Präsenz, zum Beispiel im «Kulturplatz», bei «Glanz und Gloria» oder auf dem Traktor unterwegs für «Jeder Rappen zählt!» machten die Engadiner Künstlerin schweizweit bekannt. Ihr neuestes Projekt, die «Popcorn-Opera» startete am 6. November 2020.