03.09.2025 Franco Furger 4 min
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Foto: Pixabay

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Neulich beim Aufräumen fiel mir ein Mäppchen mit Gutscheinen in die Hände: Gutschein für zwei Eintritte in ein nobles Spa, abgelaufen im 2015. Wertgutschein zum Essen in einer Skihütte, abgelaufen im 2019. Gutschein für einen gemeinsamen Ausflug mit Freunden, kein Ablaufdatum, aber auch schon mehr als sechs Jahre alt. 

Damals, als ich die Gutscheine geschenkt bekommen oder sogar gewonnen hatte, freute ich mich und nahm mir vor, sie für einen besonderen Moment aufzuheben. Eine Zeit lang hingen sie am Kühlschrank, dann landeten sie auf dem Stapel mit wichtigen Dokumenten, bis sie schliesslich in der Schublade verschwanden und in Vergessenheit gerieten. 

Hin und wieder, als ich etwas Bestimmtes in den Ablagen suchte, wurde ich an die Gutscheine erinnert. Ich nahm mir dann vor, sie endlich einzulösen, doch dummerweise war das Wetter gerade so schön und ich ging lieber wandern statt wellnessen. Und zwei Wochen später, als es am Wochenende durchregnete, kam mir der Gutschein nicht wieder in den Sinn. So sind die Jahre vergangen. Ich bin dreimal umgezogen und legte jeweils auch das Mäppchen mit den Gutscheinen in den Zügelkarton und von dort wieder in die Tiefen einer Schublade im neuen Zuhause. 

Eigentlich sind Gutscheine eine tolle Sache. Im Idealfall erhältst du ein Erlebnis, das dich emotional berührt, oder du kannst dir etwas kaufen, das dich wirklich freut, ohne dafür Geld auszugeben. 

Das (oder zumindest mein) Problem ist, dass man auch Aufwand mitgeschenkt bekommt. Man muss erstens daran denken, dann einen Termin freischaufeln und diesen mit der Partnerin oder dem Partner koordinieren. Man muss Öffnungszeiten beachten und vielleicht sogar irgendwo anrufen und nachfragen. 

Abgesehen davon, dass ich Gutscheine vergesse, habe ich meist schon irgendetwas anders vor oder gerade viel zu tun. Leider Gottes leben wir in Zeiten, wo uns die Zeit immer mehr abhandenkommt, gestohlen wird vom Gehetze des Alltags, von der Dauerberieselung unserer Sinne und den hohen Ansprüchen, die an uns gestellt werden – sei es von anderen oder von uns selbst.

Aufgeschoben ist nicht aufgehoben, rede ich mir gerne ein. Schön wärs! So ein Gutschein hält nämlich nicht für ewig. Er ist zwar meist viel länger gültig als das Ablaufdatum, das draufsteht, aber nach zehn Jahren läuft er tatsächlich ab, so hat es ein Gericht entschieden. Eine lange Frist, die doch eigentlich ausreichen müsste. 

Natürlich habe ich es schon geschafft, einen Gutschein einzulösen, so ist es nicht. Das Zmorga zu zweit im bekannten Hotel mit dem riesigen Frühstücksbuffet war herrlich. Und ich verschenke sogar öfters Gutscheine, gerne zu Weihnachten, falls mir nichts Besseres einfällt. Meinem Bruder habe ich mal einen selbst gestalteten Gutschein für eine Minigolf-Trophy geschenkt. Familie gegen Familie auf drei verschiedenen Bahnen, um zusammen Spass zu haben und Zeit zu verbringen. Damals wohnten wir noch beide am gleichen Ort. Leider ist nichts daraus geworden und inzwischen wohnen wir 150 km weit voneinander entfernt. Gut gemeint, aber nicht konsequent umgesetzt. Ich habe meinen Bruder nämlich nie angerufen, um einen konkreten Termin abzumachen. 

Warum verschenken wir uns gegenseitig so gerne Gutscheine? Wahrscheinlich, weil die Beschenkten schon alles haben, was sie brauchen. Ein gutes Geschenk wäre vielleicht mal ein Ungutschein: ein Besuch mit dem Versprechen, zehn unnötige Dinge im Haus mitzunehmen und zu entsorgen – oder sie weiterzugeben an jemanden, der sie tatsächlich gebrauchen kann.

Der Herbst steht bevor und schon bald werden wir wieder mit allerlei Aktionen und Kampagnen zum Geschenkekauf verführt. Ich nehme mir vor, dieses Jahr keine Gutscheine zu verschenken. Dafür möchte ich mir mehr Zeit für meine Familie und Freunde nehmen, bewusst an sie denken, sie öfters anrufen und nachfragen, wie es ihnen wirklich geht, und sie einfach mal spontan besuchen oder einladen. In solchen Dingen bin ich leider nicht sonderlich gut. Nur im Einlösen von Gutscheinen bin ich noch schlechter.

Franco Furger

Franco Furger ist in Pontresina aufgewachsen und hat am Lyceum Alpinum Zuoz die Matura absolviert. Danach tourte er als Profi-Snowboarder um die Welt und liess sich zum Journalisten ausbilden. Er arbeitete als Medienkoordinator bei Swiss Ski, Redaktor bei der Engadiner Post und World Cup Organisator bei der Corvatsch AG. Im Sommer 2017 bloggte Franco über seine Erlebnisse als «Chamanna Segantini-Hüttenbub». Die Liebe führte ihn dann in die Stadt Luzern, wo er die Sonne und die Bündner Berge vermisste. Nun lebt er als freischaffender Texter mit Frau und Sohn in Laax.