Wenn ich um 10 Uhr morgens mit meinem Hund spazieren gehe, vielleicht an einem Mittwoch, höre ich Kommentare wie: „Bist du auch schon aufgestanden?“
Wenn ich am Nachmittag spazieren gehe oder auf der Terrasse in der Sonne sitze, werde ich gefragt: „Hast du Ferien?“
Wenn ich aber um 10 Uhr abends immer noch im Büro bin, am Wochenende Probe habe, um 5 Uhr morgens an einem Text feile, ganze Wochenenden unterwegs bin, beim Spazierengehen über Konzepte nachdenke, über Visionen oder Ideen, sagt niemand: „Oh, du arbeitest schon wieder?“
Was andere denken, war mir in meinem Leben meistens piep egal. Was vorteilhaft war, denn ich habe häufig in kleinen Dörfern gewohnt, in denen die Menschen besonders oft und laut denken. Trotz dieser kritischen Gedanken war ich immer stolz, Musikerin zu sein, habe mich nie gekümmert, gesorgt oder darüber nachgedacht, was andere denken. In letzter Zeit ist etwas anders. Ich bin nicht mehr so punk oder rock’n’roll wie früher – und das nicht nur im musikalischen Sinn. Es verletzt mich, wenn ich zwischen den Zeilen meines Gegenübers klar und deutlich höre: „Diese Künstlerin macht sich doch nur ein schönes Leben und lässt die anderen arbeiten.“ Ich glaube, ich bin müde geworden, diese Ungerechtigkeit zu ertragen.
Die Wahrheit liegt nämlich weit entfernt von solchen Schlussfolgerungen: Ich arbeite nicht acht Stunden am Tag, auch nicht zehn oder vier. Mein Leben ist meine Arbeit. Es ist ein Flow ohne klare Grenzen, eine ständige Reflexion. Ich bin mir immer bewusst, was um mich herum passiert, ebenso bewusst, was sich in mir bewegt, halte mich körperlich fit, um für die Tour in Form zu bleiben, kümmere mich um meinen Geist, um Unsicherheiten und Druck aushalten zu können, nehme die Arbeit an, wenn sie kommt, bin flexibel, kämpferisch und grabe tief. Und das nicht nur nine to five – diese Essenz ist immer präsent. Der Puls des Lebens ist mein Chef.

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