19.11.2025 Larissa Bassin 2 min
Foto: Larissa Bassin

Foto: Larissa Bassin

Der Wecker klingelt gnadenlos und reisst uns aus dem Schlaf, um in den Tag zu starten. Die S-Bahn quietscht und knarzt, als sie in den Bahnhof einfährt – so laut, dass man sich aus Reflex die Ohren zuhalten möchte. Im Abteil daneben schaut eine Person ein Video auf dem Handy – ohne Kopfhörer, dafür mit voller Lautstärke.
 
An der Ampel wartet man auf Grün, während links ein Auto hupt. Sobald die Ampel umschaltet, ertönt ihr typischer Summton. Auf der gegenüberliegenden Strassenseite bellt ein Hund seinen Besitzer an, und im selben Moment rauscht ein Lastwagen nur wenige Meter entfernt vorbei.
 
Im Büro klingelt das Telefon ununterbrochen, eine Tür fällt krachend ins Schloss, und schnelle Schritte hallen durch den Flur. Die Kolleginnen und Kollegen am gegenüberliegenden Schreibtisch schmatzen, seufzen und schnaufen im Minutentakt, hämmern auf die Tastatur oder geben lautstark Anweisungen über das Telefon.
 
Beim Einkaufen dudelt die typische Hintergrundmusik in der Gemüseabteilung, Einkaufswagen klappern durch die Regalgänge, und das Kassensystem piepst bei jedem gescannten Produkt. Abends zu Hause fällt ein Messer klirrend zu Boden, der Ofen klingelt, sobald die Lasagne gar ist, und der Kühlschrank piept, weil man ihn zu lange offenstehen liess. Der Staubsaugerroboter rauscht durch das Wohnzimmer, während im Hintergrund eine Playlist läuft. Das Handy meldet sich mit einem Klingelton, wenn eine neue Nachricht eintrifft, und kurz darauf klingelt es an der Tür, als der Postbote die Spätzustellung bringt.
 
Unser Alltag ist laut – manchmal zu laut. Oft wünsche ich mir, einfach die Ohren zuzuhalten oder meine Kopfhörer aufzusetzen, um einen kurzen Moment Ruhe zu geniessen. Die vielen Töne, Stimmen, Klingeln und Nebengeräusche werden mir manchmal zu viel, sodass ich meine eigenen Gedanken kaum noch hören kann, geschweige denn mich konzentrieren oder mich aufmerksam mit jemandem unterhalten.
 
Gleichzeitig fühlt sich der Alltag durch all diese Klänge lebendig an. Menschen führen Gespräche, zeigen Emotionen und erfüllen das Leben mit Energie, Bewegung und einem Gefühl der Zugehörigkeit. All die Geräusche erinnern uns daran, dass wir Teil eines grossen Ganzen sind, eines pulsierenden, atmenden Miteinanders.
 
Und wenn das alles zwischendurch zu viel wird und man aus dieser Geräuschkakofonie flüchten möchte, kann ich ein Spaziergang im Schweizerischen Nationalpark empfehlen. Dort hört man nur die eigenen Schritte auf dem Kieselweg und den Wind, der durch die Blätter streicht. Es ist ruhig und man hat endlich Zeit, den eigenen Gedanken nachzuhängen.
Zumindest so lange, bis auch die zu laut werden…

Larissa Bassin

Larissa Bassin ist 26 Jahre alt und in La Punt Chamues-ch aufgewachsen. Die ehemalige Praktikantin der Engadiner Post wohnt und arbeitet in Zürich. Dabei entdeckte sie, dass sie wohl eher ein Stadtkind ist und schätzt das kulturelle Angebot, die Vielfalt der Menschen, die Anonymität, Abendverkäufe, das Nachtleben und kleine Cafés, die tatsächlich immer Hafermilch im Angebot haben. Nichtsdestotrotz zieht es sie gerade im Winter auf die Pisten, wofür sie die ein oder andere Vorlesung sausen lässt, oder sie wandert auf den Piz Mezzaun, wenn sie den Kopf lüften muss.