Das aktuelle Klimaschutzvorhaben der Bündner Regierung fusst auf der bestehenden Klimastrategie Graubündens und einem Auftrag des Davoser SP-Grossrats Philipp Wilhelm aus dem Jahre 2019 und nennt sich Aktionsplan «Green Deal für Graubünden», kurz AGD. Die Botschaft dazu haben die beiden Regierungsräte, Energiedirektor Mario Cavigelli und Umweltschutzdirektor Jon Domenic Parolini im August in Chur vorgestellt (EP/PL vom 12. August).

Die erklärten Ziele hinter dem kantonalen Aktionsplan lauten: Netto Null Treibhausgasemissionen bis 2050 und das heute ins Ausland abfliessende Geld für fossile Energieträger – immerhin rund 400 Millionen Franken im Jahr – für die Bündner Wirtschaft und hiesige Arbeitsplätze zu nutzen. 

Kurz zusammengefasst umschreibt die regierungsrätliche Botschaft 27 konkrete Massnahmen, hauptsächlich im Bereich Klimaschutz, aber auch in der Klimaanpassung. Für die Umsetzung all dieser Massnahmen rechnet die Regierung mit totalen Kosten von rund 1,76 Milliarden Franken bis 2050. Dem gegenüber stehen rund 1,1 Milliarden Franken an erwarteter Wertschöpfung. In einer ersten Umsetzungsetappe des AGD wird sich der Grosse Rat ab Montag mit der Detailberatung verschiedener Förderungs- und Entwicklungsmassnahmen befassen, mit dem Finanzierungskonzept, und daraus abgeleitet, über einen ersten Verpflichtungskredit von 67,65 Millionen Franken zu befinden haben. 

Energie, Landwirtschaft und ÖV 

Davon sind gut 26 Millionen Franken für den Ausbau erneuerbarer Energien vorgesehen, gut fünf Millionen für die Pilotphase des Projekts «Klimaneutrale Landwirtschaft» (EP/PL vom 28. August) und weitere, rund 36 Millionen zur zusätzlichen Förderung des Ausbaus erneuerbarer Energien sowie zusätzlichen Investitionsbeiträgen für den öffentlichen Verkehr. Zum einen betrifft dies die Förderung erneuerbarer Stromproduktion, insbesondere der wichtigen Winterstromproduktion und der Transformation des Gebäudeparks. Andererseits sollen Gelder als Beiträge an die Förderung des öffentlichen Verkehrs eingesetzt werden, zur Finanzierung von ÖV-Infrastrukturen und nicht zuletzt auch für die Stärkung des Schienengüterverkehrs, also zur Förderung der Verlagerung des Güterverkehrs von der Strasse auf die Schiene. Die Finanzierung des AGD soll über einen noch zu errichtenden Klimafonds abgewickelt werden. 

 Bürgerliche und Linke gegen die SVP

Kürzlich traf sich die Grossratsfraktion der Mitte Graubünden – die stärkste Fraktion im Bündner Parlament – in Poschiavo zur Vorberatung der Oktobersession. Wie die Mitte-Allianz in einer Mitteilung schrieb, unterstütze sie die Strategie der Regierung, erwarte aber, «dass die Regierung über den Stand der Umsetzung des Aktionsplans periodisch Bericht erstattet und gestützt darauf die gebotenen Anpassungen zeitgerecht prüft und so weit möglich vornimmt». Gleiches erwartet die Mitte auch in Sachen Finanzierung: «Eine Finanzierung mittels Steuererhöhung kommt nur als Ultima Ratio infrage, wenn keine anderen Möglichkeiten zur Verfügung stehen», wird Co-Fraktionspräsident Reto Crameri zitiert. 

Schon in der vorberatenden Grossrats-Kommission für Umwelt, Verkehr und Energie (KUVE) hatten sich die Kommissionmitglieder der Mitte mit jenen der FDP und auch der SP für ein mehr oder weniger gemeinsames Vorgehen in der Detailberatung ausgesprochen. Einzig die SVP scherte wie schon 2020 bei der Beratung der Teilrevision des kantonalen Energiegesetzes aus. SVP-Grossrat Pietro Della Cà aus Brusio, selbst KUVE-Mitglied, bekräftigte auf Anfrage der EP/PL die Haltung der SVP-Fraktion, welche seit der «extra muros»-Session 2019 in Pontresina Bestand hat und schrieb: «Die SVP-Fraktion wird das von der Regierung vorgeschlagene Vorgehen rückweisen, unter anderem, weil die Finanzpolitik des AGD unzuverlässig ist, was die Herkunft der für die Durchsetzung der zweiten Phase erforderlichen finanziellen Mittel anbelangt.» Della Cà kritisiert die «gängige Praxis der Regierung, Randgebiete massiv zu benachteiligen» und befürchtet in der Umsetzung des AGD katastrophale Folgen bis hin zur Beschleunigung der «bereits heute besorgniserregenden Entvölkerung» der Randgebiete wie auch eine «überbordende Bürokratie» durch die neu zu erlassenden Gesetze. In seiner Haltung sieht sich Grossrat Della Cà durch die kürzliche Ablehnung des Co2-Gesetzes durch das Schweizer Stimmvolk bekräftigt. 

Für eine spannende Detailberatung ab Montagnachmittag im Grossen Rat dürfte demnach gesorgt sein. 

Weiterführende Informationen unter: www.klimawandel.gr.ch

Autor und Foto: Jon Duschletta