Ivan Santiago ist grosser Eishockey-Fan und spielt leidenschaftlich gerne selber mit Stock und Puck. Wie so viele andere auch. Keine aussergewöhnliche Geschichte soweit. Wäre Santiagos Heimatstadt nicht Heroica Puebla de Zaragoza, kurz Puebla genannt, in Mexiko. Unter Fachleuten nicht gerade als Eishockey-Hochburg bekannt. 

Ist Santiago aber völlig egal. Der will nur Hockey spielen. Der 34-jährige Mexikaner ist beruflich weit herumgekommen, lebt und arbeitet nach Aufenthalten in Kanada und Japan derzeit im polnischen Krakau. 

 

Team «Facebook»

Vor zwei Jahren hat er an einem Eishockey-Camp in Nürnberg teilgenommen. Im Camp hat er das deutsche Pärchen Inga Glotzbach und Uwe Milde kennengelernt. Die beiden hat er dabei im Handumdrehen für seinen Traum, ein eigenes internationales Pondhockey-Team zu gründen, um damit einmal auf einem gefrorenen See spielen zu können, begeistern können.

Um sein Hockey weiter zu verbessern, hat er später an einem Camp in Tschechien teilgenommen. Dort hat er die in Schweden lebende Kanadierin Alisha Hatt kennengelernt und auch sie für sein Team gewonnen. Mit nur vier Mitgliedern war ihm das Team aber noch zu klein. Also startete Santiago einen Aufruf über Facebook. Mit Erfolg. Gemeldet hat sich neben zwei weiteren Interessenten Richard Romain aus England, und sich gleich auch als Torhüter fürs Team angeboten. 

«Neben Richard haben sich uns via Facebook noch zwei US-Amerikaner angeschlossen», berichtet Santiago. Einer der beiden lebe in Japan. Und beide hätten im Engadin dabei sein wollen. Die Shirts für Team «World Rink Hockey» habe er schon nähen und bedrucken lassen. Aber Corona habe den beiden einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht. Sie konnten nicht anreisen. 

Und so war Santiagos Team am Pondhockey-Turnier in Silvaplana nicht in voller Stärke am Start. Auch sei die Vorbereitung auf das Turnier suboptimal gewesen. Erst am Donnerstag habe sich das Team nämlich zum ersten Mal überhaupt zum Kennenlernen und Trainieren auf dem St. Moritzersee treffen können.

 

Die kaputten Schlittschuhe

«Und du glaubst nicht, was da passiert ist», verzieht Torhüter Romain schmerzhaft das Gesicht, «mir sind, kaum auf dem See, meine alten Schlittschuhe auseinandergefallen, und ich musste mir neue kaufen.» 

Der Vorbereitung entsprechend sind die Spiele für Santiagos zusammengewürfelte Truppe denn auch gelaufen. Eine Klatsche nach der anderen holten sie sich auf dem Eis ab. Und mussten sich nach den drei Gruppenspielen eine Tordifferenz von minus 39 notieren lassen. Um dadurch aber – und das ist speziell am Turnier in Silvaplana – zu guter Letzt um die «Rote Laterne» spielen zu dürfen. Bei dem Spiel dürfen sich die nach den Gruppenspielen zwei letztklassierten Teams duellieren. Und weil der Platz-Speaker im Vorfeld ordentlich Werbung für dieses Spiel zwischen «World Rink Hockey» und «Gili-Bräu» machte, waren viele Fans um 12.15 Uhr am Eisfeld 9 zugegen und sorgten mit La Ola und laut gerufenen, gut gemeinten Tipps für viel Spektakel. Das Team «Gili-Bräu», angereist aus Münsingen im Berner Aaretal und Titelverteidiger der «Roten Laterne», zeigte gleich zu Beginn des Spiels, dass es die Laterne nur ungern den Neulingen abgeben möchte und versiebte Chance um Chance. Das mexikanisch-deutsch-kanadisch-britische Team führte zwar die etwas feinere Klinge, musste sich am Ende aber mit 7:10 völlig unverdient der körperlichen Wucht der Berner geschlagen geben. Fazit des Spiels: «Gili-Bräu» verpasst den Rote-Laterne-Hattrick und «World Rink Hockey», so verlangt es die Tradition, muss nächstes Jahr wieder antreten, um die Laterne zu verteidigen. «Mit Vergnügen werden wir das tun», verspricht Ivan Santiago bei der Preisübergabe, «hoffentlich dann mit dem ganzen Team». «Hasta la vista» auf dem See 2023. 

Text und Bilder: Daniel Zaugg

Urform des Eishockeys

Beim Pondhockey handelt es sich um eine Urform des heutigen Eishockeys. Gespielt wird auf 20 mal 40 Metern grossen Spielfeldern. Die Tore sind so breit wie normale Eishockey-Tore, aber nur 20 Zentimeter hoch. Gespielt wird mit Vierermannschaften zu jeweils zwei Halbzeiten à 15 Minuten. Ohne Torhüter, und Körperkontakt ist verboten. Deshalb sehen die Spielerinnen und Spieler in ihren Skihosen, Jeans oder Trainerhosen einiges filigraner aus als ihre gepanzerten Pendants. Und weil der physische Kontakt wegfällt, sind ältere, junge und gemischte Teams auf den Rinks zu sehen. In Silvaplana haben 61 Teams gespielt. Beim Turnier steht klar der «Plausch» im Vordergrund. Neben den einheimischen Equipen waren Teams aus allen Regionen der Schweiz und sogar aus anderen europäischen Ländern angereist. (dz)