Noch tritt der St. Moritzer Fritz Burkard etwas zaghaft auf das Gaspedal seines offenen Maserati Tipo 4CL Rennwagens. Der eisige Wind pfeift dem 59-Jährigen bei seinen ersten Runden vor Publikum auf dem Geläuf des White Turf heftig ins Gesicht, und Burkard muss aufpassen, dass er die Kontrolle über die 220 Pferdestärken unter der Haube des 1939 gebauten Sportwagens auch in den langen Kurven behält. Sobald er sich aber mit den Verhältnissen auf Schnee und Eis vertraut gemacht hat, lässt er es vor allem auf der Geraden mächtig krachen und die auf den Hinterreifen des alten italienischen Boliden montierten Schneeketten müssen einiges aushalten. «Ich habe keine Ahnung, wie schnell ich unterwegs war, vermutlich nur mit 30, aber ich hatte grossen Spass, sehr grossen», lacht Burkard, passend in Rennfahrer-Montur der 40er-Jahre gekleidet, nach seinen Runden. Und die Kälte habe er gar nicht wahrgenommen. Aber in seinem zweiten Fahrzeug, welches er beim International Concours of Elegance pilotiert, sei es im Winter schon deutlich weniger zugig.
Klassiker der Kinoleinwände
Dies dürfte auch schon Sir Thomas Sean Connery im silberfarbenen Aston Martin DB5 festgestellt haben. Der schottische Schauspieler nämlich pilotierte den britischen Flitzer mit den vielen von «Q» eingebauten Extras im ersten 007-Streifen «Goldfinger» schon 1965. Aber nicht nur das Bond-Auto auf dem gefrorenen See kann auf eine Filmkarriere zurückblicken. So zücken die vielen Fans ihre Kameras auch beim Lamborghini Miura von 1969, den Michael Caine in «The Italien Job» 1968 filmreif schrottete. Daneben steht der Ferrari Daytona Spider, mit dem Sonny Crockett und Rico Tubbs in «Miami Vice» in den 80-gern auf Gaunerjagd waren. Der Lamborghini Countach aus dem Scorsese Klassiker «The Wolf of Wallstreet», der Meyers Manx-MC Queen Dune Buggy, auf Basis eines VW Käfers gebaut, 1968 im Streifen «Thomas Crown ist nicht zu fassen» mit Steve McQueen zu sehen gewesen, und der schwarze Testarossa Spider, in dem Michael Jackson 1987 für ein amerikanisches Kaltgetränk warb, rundeten das Angebot für die Car-Spotter ab.
Fachmann lobt
Dem bunten Treiben bei der Oldtimer-Show wohnt auch der Stuttgarter Berthold Dörrich bei. Und Dörrich, als Herausgeber der deutschen Ausgabe des internationalen Oldtimer-Magazins «Octane», ein Fachmann in der Szene, hat nur lobende Worte für die Veranstaltung: «The ICE zeigt, dass Events mit Oldtimern nicht nur ein Sommerthema sind. Wie zu sehen ist, passen Oldtimer auch bestens in den Winter.» Dörrich stellt beim Event in St. Moritz weitere Unterschiede zu anderen Oldtimer-Veranstaltungen fest: «Hier ist die Stimmung sehr relaxed. Es ist keine verbissen ausgetragene Wettbewerbsveranstaltung. Es ist ein lockeres Treffen von Fans aus aller Welt», und weiter: «Normalerweise findet man bei solchen Treffen die etwas ältere Generation, die Ü50er. Hier sind aber auch viele junge Menschen zu beobachten.»
Die jungen Fans
Der 16-jährige Luca Casile und sein gleichaltriger Freund Mathias Schuler bringen sich und ihre Kameras vor dem blauen Ferrari 250 GTO von 1963 in Stellung. Schliesslich soll das mit einem Schätzwert von mindestens 70 Millionen Franken teuerste Fahrzeug auf dem See einen besonderen Platz in ihrer Bildersammlung bekommen. Von dem Concours haben die beiden, die mit fünf weiteren Kumpels aus Zürich, St. Gallen und dem Domleschg mit dem Zug angereist sind, auf Instagram erfahren. Die Meinung der sieben Freunde ist einhellig: «Das ist für uns der beste Event, bei dem wir bisher dabei waren. Einfach der Wahnsinn, es ist super.»
Grosses Potenzial
Ebenfalls ein sehr positives Fazit zieht der Medienverantwortliche der Gemeinde St. Moritz, Fabrizio D’Aloisio: «Es dürften gut 10 000 Gäste den Event besucht haben. Viele Gäste hatten Mühe, noch Zimmer in St. Moritz zu finden.» Und D’Aloisio, als Autor des Buches «Car Guys» selber profunder Kenner der edlen und alten Karossen, ist sich sicher, dass «The ICE» grosses touristisches Potenzial hat: «Ich bin überzeugt, dass dieser Event in den kommenden Jahren für die Region eine ähnlich grosse Bedeutung haben wird wie die White-Turf-Pferderennen und das Snow Polo Weekend.»
Text und Fotos: Daniel Zaugg
Solche Anlässe sind das Beste was man für den Klimawandel tun kann.