Die Eidgenössische Elektrizitätskommission ElCom ist nach eigenen Angaben so etwas wie der Preisüberwacher des Elektrizitätswesens. Weil Kleinkunden im Gegensatz zu Grosskunden mit einem Energieverbrauch von 100 Megawattstunden pro Jahr ihren Stromlieferanten nicht selber wählen können, überwacht die ElCom stellvertretend die Schweizer Elektrizitätstarife.
Und die sind so individuell wie eine Unterengadiner Blumenwiese im Juni. Ein Blick auf die interaktive Schweizerkarte der ElCom zeigt genau dies: Ein vielfarbiger Flickenteppich mit den Strompreisen und der Strompreisentwicklung 2026 für – je nach Einstellung der verschiedenen Filterfunktionen – jede Gemeinde, jeden Kanton oder jeden Netzbetreiber. Zusätzlich einstellbar sind vergangene Tarifjahre, fünf verschiedene Preiskomponenten, 15 Verbraucherkategorien oder zwei Produktgruppen.
Unterengadin unter dem Mittel
Laut der ElCom sinken die Strompreise im 2026 im Durchschnitt um vier Prozent. Ein typischer Vier-Personen-Haushalt würde demnach 27,7 Rappen pro Kilowattstunde (kWh) bezahlen oder 58 Franken weniger als im laufenden Jahr. Ein Blick auf die Südbündner Gemeinden zeigt: Alle Unterengadiner Gemeinden liegen unter diesem Betrag, Samnaun mit 18,87 Rappen/kWh hat den günstigsten, S-chanf mit 23,36 Rappen den höchsten Preis pro Kilowattstunde Strom. Noch tiefer liegen die Preise in den Gemeinden der Südtäler, Bregaglia weist 18,41 Rp/kWh aus, Poschiavo 20,7 und Brusio gar nur 13,13.
Handkehrum bezahlen Stromkonsumenten in der Val Müstair im nächsten Jahr 28,33 Rappen pro kWh, während die Oberengadiner Gemeinden zwischen Samedan mit 26,98 Rappen und Sils mit 30,8 respektive 35,48 Rappen verrechnen. Der letzte Tarif betrifft die Stromkosten der Azienda Elettrica Grevasalvas und eröffnet ein neues Feld der möglichen Preisvergleiche: jene der verschiedenen Netzbetreiber.
Die Energieunternehmung Repower mit Sitz in Poschiavo hat angekündigt, den Preis für ihr erneuerbares Produkt «Grischunpower» im nächsten Jahr auf 30,2 Rp/kWh erhöhen zu wollen. Repower würde sich damit nach eigenen Angaben im Mittelfeld der Schweizer Stromtarife ansiedeln, dies trotz der «geographischen Herausforderungen der Versorgung in einer Bergregion», wie Repower in einer Mitteilung schreibt. Im Engadin beziehen die Gemeinden Zuoz, Madulain, La Punt Chamues-ch, Pontresina, Bever, Silvaplana und Sils ihren Strom von Repower.
Die EE Energia Engiadina mit Sitz in Scuol beliefert die Gemeinden Valsot, Scuol und Zernez mit Energie, welche sie selbst zum grössten Teil von den Engadiner Konzessionsgemeinden (CEE) bezieht. Dabei ist der Beschaffungspreis an die Strom-Gestehungskosten des lokalen Stromproduzenten, der Engadiner Kraftwerke AG, gebunden. EE Energia Engiadina schreibt, dass der geschätzte Energiepreis für das nächste Jahr um 3,8 Prozent sinken wird, während die Abgaben für die Stromreserven des Bundes und auch die Abgaben an die Gemeinde Scuol steigen werden. Unverändert bleibe der Netzzuschlag des Bundes, dafür habe dieser per 2026 solidarisierte Kosten in der Höhe von 0,05 Rp/kWh eingeführt.
St. Moritz Energie beliefert die Gemeinden St. Moritz und Celerina und schreibt seinerseits, dass der Elektrizitätstarif für Privatkunden im Jahr 2026 um vier Prozent sinke und auch Gewerbe- und Geschäftskunden im Vergleich zum laufenden Jahr von einer vier- bis fünfprozentigen Preisreduktion profitieren würden.
Die Gemeinden Samnaun, Zernez, S-chanf, Samedan, Bregaglia, Poschiavo, Brusio und Val Müstair beziehen ihren Strom – entweder ausschliesslich oder zu Teilen – von eigenen Elektrizitätswerken.
Preistreiber: Netz und Photovoltaik
Der Strompreis, den Konsumentinnen und Konsumenten zu bezahlen haben, setzt sich grundsätzlich aus drei Komponenten zusammen: dem Energiepreis, den Energieerzeugungskosten und den Stromtransportkosten. Hinzu kommen externe und interne Kosten wie Investitionskosten, Kosten für die Winterreserve des Bundes oder für Systemdienstleistungen, beispielsweise der Schweizer Netzbetreiberin Swissgrid. Aber auch allgemeine Abgaben und Gebühren schlagen sich in der Strompreisberechnung der einzelnen Netzbetreiber nieder.
Neben steigenden Netzkosten sind verschiedene Regionen oder Gemeinden mit einem neuen Preistreiber konfrontiert: dem hohen und vielerorts steigenden Anteil von Photovoltaikanlagen. Die SRF-Tagesschau hat dazu am Dienstag das Beispiel aus dem luzernischen Entlebuch angeführt. Laut der ElCom steigen dort die Stromkosten im nächsten Jahr um rund 19 Prozent auf den Mittelwert von 25,2 Rappen/kWh. Dies, nachdem zuvor die Preise auf das laufende Jahr um 30 Prozent gesenkt wurden. SRF zitiert die Axpo-Tochter CKW, eine als Gruppe agierende, führende Schweizer Anbieterin integrierter Energie- und Gebäudetechniklösungen mit über 200 000 Endkunden, dahingehend, dass die steigenden Kosten für die Ausgleichsenergie auf der im Versorgungsgebiet in grossem Stile installierter Photovoltaik beruhe. Die CKW schreibt ihrerseits, dass hohe Grosshandelspreise und steigende Netztarife für die Umkehr verantwortlich seien. Per 2026 will CKW einen dynamischen Tarif einführen. Einen solchen hat auch das Elektrizitätswerk der Stadt Zürich ewz in Aussicht gestellt. Offizielle Strompreise für 2026 sind bei den ewz noch nicht verfügbar, die voraussichtliche Einführung von Wahltarifen und dynamischen Tarifen soll Kundinnen Flexibilität und Anreize bieten, «Strom dann zu nutzen, wenn er günstig verfügbar ist», so ewz in einer Mitteilung.
Die interaktive Schweizerkarte der ElCom ist zu finden unter: www.strompreis.elcom.admin.ch
INFOBOX: ElCom, der Preisüberwacher im Elektrizitätsbereich
Felix Vontobel ist Vizepräsident der Eidgenössischen Elektrizitätskommission ElCom. Auf Anfrage sagte er gegenüber der EP/PL, dass die zentrale Aufgabe der ElCom als Regulator die Prüfung und Überwachung der Stromtarife im Monopolbereich sei. «Wir schauen, ob die Netzbetreiber die Regeln gesetzeskonform anwenden und einhalten.»
Die ElCom betreibe diesbezüglich einen grossen Aufwand. «Netzbetreiber müssen der ElCom jährlich ihre Daten melden, welche Werte und Verzinsungen sie einsetzen, ihre effektiven Einnahmen und Kosten darlegen und auch die Über- respektive Unterdeckungsberechnungen.» Die aus diesen Daten generierte interaktive Karte aller Schweizer Gemeinden bezeichnet Vontobel als nützliches Begleitprodukt dieser Datenerfassung. Die Schnittstelle zu den Daten ermögliche dafür die individuelle Nutzung der Karte oder sogar die Erstellung eigener Karten mit einer spezifischer Datenauswahl, beispielsweise durch grosse Medienhäuser.
Felix Vontobel lebt in Poschiavo in einem «609-Prozent-Winter-Plusenergiehaus», welches 2022 mit einem Solarpreis ausgezeichnet wurde. Er relativiert den zunehmenden negativen Einfluss grosser PV-Anlagen auf die Stromtarife. Aktuell beschäftige sich die ElCom mehr mit der Frage, ob Einspeisungen von PV-Anlagen ins Netz auch in Zeiten von Negativpreisen vergütet werden sollen oder nicht. Ebenfalls Themen seien die Folgen einer erhöhten PV-
Produktion auf den Netzausbau respektive die Netzkosten. «Es herrscht eine grosse Unausgeglichenheit», so Vontobel, «die Fahrpläne der Netzbetreiber stimmen oft nicht mit der effektiven Produktionsmenge überein.» Dies wiederum zwinge die Swissgrid, Regelenergie zum Ausgleich einzusetzen, welche den Kunden in Form von Ausgleichsenergie weiterverrechnet werde und zu Preiserhöhungen führen könne. «In diesem Bereich hinkt die Schweiz beispielsweise Deutschland noch hinterher.» Felix Vontobel ergänzt, dass die Absenkung der Rückspeisetarife die Euphorie der PV-Installateure etwas gebrochen habe und die Aufträge entsprechend rückläufig seien.
Text: Jon Duschletta
INFOBOX: ElCom, der Preisüberwacher im Elektrizitätsbereich
Felix Vontobel ist Vizepräsident der Eidgenössischen Elektrizitätskommission ElCom. Auf Anfrage sagte er gegenüber der EP/PL, dass die zentrale Aufgabe der ElCom als Regulator die Prüfung und Überwachung der Stromtarife im Monopolbereich sei. «Wir schauen, ob die Netzbetreiber die Regeln gesetzeskonform anwenden und einhalten.»
Die ElCom betreibe diesbezüglich einen grossen Aufwand. «Netzbetreiber müssen der ElCom jährlich ihre Daten melden, welche Werte und Verzinsungen sie einsetzen, ihre effektiven Einnahmen und Kosten darlegen und auch die Über- respektive Unterdeckungsberechnungen.» Die aus diesen Daten generierte interaktive Karte aller Schweizer Gemeinden bezeichnet Vontobel als nützliches Begleitprodukt dieser Datenerfassung. Die Schnittstelle zu den Daten ermögliche dafür die individuelle Nutzung der Karte oder sogar die Erstellung eigener Karten mit einer spezifischer Datenauswahl, beispielsweise durch grosse Medienhäuser.
Felix Vontobel lebt in Poschiavo in einem «609-Prozent-Winter-Plusenergiehaus», welches 2022 mit einem Solarpreis ausgezeichnet wurde. Er relativiert den zunehmenden negativen Einfluss grosser PV-Anlagen auf die Stromtarife. Aktuell beschäftige sich die ElCom mehr mit der Frage, ob Einspeisungen von PV-Anlagen ins Netz auch in Zeiten von Negativpreisen vergütet werden sollen oder nicht. Ebenfalls Themen seien die Folgen einer erhöhten PV-
Produktion auf den Netzausbau respektive die Netzkosten. «Es herrscht eine grosse Unausgeglichenheit», so Vontobel, «die Fahrpläne der Netzbetreiber stimmen oft nicht mit der effektiven Produktionsmenge überein.» Dies wiederum zwinge die Swissgrid, Regelenergie zum Ausgleich einzusetzen, welche den Kunden in Form von Ausgleichsenergie weiterverrechnet werde und zu Preiserhöhungen führen könne. «In diesem Bereich hinkt die Schweiz beispielsweise Deutschland noch hinterher.» Felix Vontobel ergänzt, dass die Absenkung der Rückspeisetarife die Euphorie der PV-Installateure etwas gebrochen habe und die Aufträge entsprechend rückläufig seien.
Text: Jon Duschletta




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