Anlässlich einer Behörden- und Medieninformation orientierte die Stiftung Gesundheitsversorgung Oberengadin (SGO) am Montagabend über die nähere und fernere Zukunft des Spitals. Der Stiftungsrat beantragt eine Übergangsfinanzierung bis Ende 2027. Für das kommende Jahr werden Gemeindebeiträge von insgesamt 27,8 Millionen Franken benötigt, für das Jahr 2027 23 Millionen, insgesamt also 50,8 Millionen Franken. Dies zur Deckung der Betriebsdefizite, zur Rückzahlung eines Darlehens an den Kanton und ab 2027 an die Graubündner Kantonalbank sowie betriebsnotwendige Ersatz- und Unterhaltsinvestitionen. Die Gemeindeversammlungen zu diesem Geschäft finden am 4. November statt, die Urnenabstimmungen (wo dies die Verfassung verlangt) am 14. Dezember. Bei einer Ablehnung - in nur einer Gemeinde - droht gemäss der Medienmitteilung, dass der SGO die liquiden Mittel ausgehen. Dann müsste die Aufsichtsbehörde aufgefordert werden, die die Nachlassstundung oder den Konkurs zu beantragen. Im schlimmsten Fall droht die Schliessung des Spitals. Von einem Konkurs wären auch die Alterszentren, die Spitex und die Beratungsstelle Alter und Gesundheit betroffen.
Die ausführliche Berichterstattung zu diesem Thema mit Einschätzungen gibt es in der EP/PL vom Donnerstag, 25. September.

Autor und Foto: Reto Stifel

Die Medienmitteilung der SGO im Originalwortlaut:

Der Stiftungsrat der Stiftung Gesundheitsversorgung Oberengadin (SGO) hat heute den elf Gemeinden der Gesundheitsversorgungsregion Botschaft und Antrag für eine auf zwei Jahre befristete Leistungsvereinbarung für das Spital Oberengadin vorgelegt. Diese definiert das Leistungsangebot und die Finanzierung des Spitals für die Jahre 2026 und 2027. 

Das Vorgehen ist notwendig, weil die bestehende Leistungsvereinbarung per 31. Dezem­ber 2025 ausläuft. Um die Zahlungsfähigkeit und den weiteren Betrieb des Spitals über diesen Zeitpunkt hinaus zu gewährleisten, ist eine neue Leistungsvereinbarung erforderlich. Ihr Zustandekommen setzt die Zustimmung der Stimmberechtigten in allen elf Gemeinden voraus.

Sicherung des Leistungsangebots erfordert hohe Gemeindebeiträge

Die beantragte Leistungsvereinbarung sieht vor, dass das Spital sein bestehendes Leistungsangebot unverändert weiterführt. Aufgrund der Entwicklungen im vergangenen und im laufenden Jahr ist davon auszugehen, dass für 2026 und 2027 inklusive Reserven Beiträge zur Deckung der Betriebsdefizite von 15 und 16 Millionen Franken erforderlich sind. Als Voraussetzung für die Verlängerung des bestehenden Darlehens von 31.7 Mil­lionen Franken verlangt die Graubündner Kantonalbank, dass das Betriebsdefizit vollumfänglich durch Gemeindebeiträge abgedeckt wird. Sodann ist dieses Darlehen ab dem Jahr 2027 in jährlichen Raten von 2 Millionen Franken zu amortisieren. Vollständig zurückbezahlt werden muss bereits im Jahr 2026 das Darlehen des Kantons Graubünden von 7.8 Millionen Franken.

Zusätzlich stehen in den kommenden zwei Jahren betriebsnotwendige Ersatz- und Unterhaltsinvestitionen an, wie die Erneuerung der Elektro-Trafostation und ‑Haupt­verteilung, die Erneuerung der Wärme-, Warmwasser- und Dampfversorgung, die vollständige statische Erdbebenertüchtigung des Spitalgebäudes sowie der Ersatz der alten Betten- und Personenlifte. Für die Betriebssicherheit und die Erfüllung von Zulassungskriterien sind darüber hinaus dringliche Ersatzinvestitionen in die Spital- und Medizinaltechnik vorgesehen und dringend nötige Sanierungen in den Personal­unterkünften vorzubereiten. Um diese Investitionen vornehmen zu können, werden in den beiden Jahren Gemeindebeiträge von je 5 Millionen Franken erforderlich sein.

Insgesamt resultieren damit Gemeindebeiträge von 27.8 Millionen Franken für das Jahr 2026 und von 23 Millionen Franken für 2027, also total 50.8 Millionen Franken über beide Jahre. Die Aufteilung zwischen den Gemeinden erfolgt nach dem Regionenschlüssel.

Bei Ablehnung droht Spitalschliessung – übrige SGO-Betriebe gefährdet

Wird die neue Leistungsvereinbarung in nur einer Gemeinde von den Stimmberechtigten abgelehnt, läuft die bestehende Leistungsvereinbarung ersatzlos aus. Damit fehlt für die Gemeinden die notwendige Grundlage zur Leistung von Betriebsbeiträgen. Ohne Gemeindebeiträge wären die liquiden Mittel der Stiftung durch das Defizit aus dem laufenden Betrieb des Spitals nach drei bis vier Monaten erschöpft. Der Stiftungsrat müsste die Aufsichtsbehörde auffordern, die Nachlassstundung oder den Konkurs zu beantragen. In beiden Fällen geht die Führungsverantwortung von der SGO an die Zwangsvollstreckungsorgane über. Es wäre mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einer massiven Reduktion des Leistungsangebots, wenn nicht sogar mit der Spitalschliessung zu rechnen. 

Eine Überbrückungsfinanzierung oder andere Massnahmen zur Rettung des Spitals hat der Kanton ausdrücklich ausgeschlossen. Ob, in welchem Umfang und innert welcher Zeitspanne in diesem Fall das Kantonsspital Graubünden und die Klinik Gut in St. Moritz wenigstens einen Teil des medizinischen Angebots des Spitals Oberengadin übernehmen würden, ist zurzeit völlig offen.

Von einem Konkurs der SGO als Betreiberin betroffen wären auch die Alterszentren, die Spitex und die Beratungsstelle Alter und Gesundheit. Die Gemeinden sind zwar gesetzlich zu deren Weiterführung verpflichtet. Dafür müssten sie allerdings aus der Stiftung herausgelöst und von den Gemeinden separat finanziert werden. 

Gemeindeversammlungen und Urnenabstimmungen im November und Dezember

In den kommenden Wochen werden die Exekutiven der elf Gemeinden der Gesundheitsversorgungsregion über ihre Anträge an die Stimmberechtigten entscheiden. In St. Moritz fasst sodann der Gemeinderat am 29. Oktober Beschluss über seine Empfehlung. Den abschliessenden Entscheid fällen die Stimmberechtigten je nach Gemeindeverfassung an den Gemeindeversammlungen vom 4. November oder am 14. Dezember an der Urne. 

Medienmitteilung Stiftung Gesundheitsversorgung Oberengadin (SGO)