«Stehe einmal mehr auf, als du hingefallen bist». Das steht als Einstieg auf der Homepage von Thomas Tumler. Der 35-Jährige, der im letzten Winter seine grössten Erfolge feierte, hat in seinem Skifahrerleben viele Rück- und Nackenschläge erlebt. Verletzungen, Schmerzen körperlicher und seelischer Art machten ihm viele Jahre das Sportlerleben schwer. Sportlich ist seit letztem Winter aber vieles positiver, Thomas Tumler holte in Beaver Creek seinen ersten Weltcup-Sieg im Riesenslalom und an der Weltmeisterschaft in Saalbach die Silbermedaille in der gleichen Disziplin. Zudem bewies er seine ausgeprägte Teamfähigkeit beim Gewinn der Silbermedaille mit dem Team. Dabei war das nicht selbstverständlich, plagten ihn doch in der gleichen Zeit Eheprobleme. Er verlor zehn Kilogramm an Körpergewicht. Seine Familie half ihm in dieser schwierigen Zeit. Und er stellte materialtechnisch um, was sich auszahlte. Die Saison 24/25 war die beste seiner Laufbahn als Skirennfahrer.

«Man kann nichts erzwingen»
Zuletzt bereitete sich Thomas Tumler mit seinen Nationalmannschaftskolle­gen im Schnalstal (It) und auf der Diavolezza auf die Saisoneröffnung in Sölden (Aut) vor. Er sei topfit, sagt der Samnauner, schränkt aber leicht ein: «In Chile im Sommer habe ich den Rücken etwas gespürt, jetzt ist alles wieder gut. Körperlich fühle ich mich bestens.» Er weiss, die Erwartungen an ihn sind gestiegen. «Der Druck ist von au­ssen gesehen wohl grösser, ich selber verspüre ihn nicht», so Tumler gelassen. «Man kann eh nichts erzwingen.» Er hofft auf einen guten Start, relativiert aber den Auftakt gleich wieder. Sölden ist nicht seine Lieblingsstrecke: «Ich war da noch nie stark», betont der Samnauner. Andere Pisten haben es ihm mehr angetan, angefangen bei Beaver Creek, wo er seinen ersten Weltcup-Sieg eingefahren hat und wo es Anfang Dezember auch wieder hingeht. Auch Copper Mountain, Hafjell oder natürlich Adelboden sind seine Lieblingsdestinationen, wenn es um Riesenslalom oder auch den Super-G geht. Letzteren wird er voraussichtlich in der neuen Saison mehrheitlich auslassen, sich nur auf den Riesenslalom konzentrieren. Er vertraut auf sein Material, bei den Skiern ist er Markenkollege von «Überflieger» Marco Odermatt. Inwiefern wirkt sich das aus? «Das ist ein Riesenvorteil für mich, wir sprechen uns ab, tauschen Erfahrungen aus», betont der Samnauner. 

Thomas Tumler wohnt heute in Lachen SZ, im nahen Einsiedeln trainiert er im Sommer mit Coach Ramon Zürcher vier- bis fünfmal pro Woche. Er ist froh, dass er ausserhalb der Skisaison nun relativ kurze Wege zum Trainingsdomizil hat. «Früher bin ich immer nach Chur ins Sommertraining gefahren, die lange Autofahrt hat mir aber nicht behagt. Nun habe ich knapp 15 Minuten nach Einsiedeln», freut er sich. Er kennt Zürcher schon lange und hat dessen Einstieg in die Selbständigkeit genutzt.

Ziel: Olympische Spiele
Die Ziele für die am Sonntag für die Männer in Sölden beginnende Saison sind bei Thomas Tumler gesteckt. «Ich will in den Top 7 der Weltrangliste bleiben und Podestplätze rausfahren. Was am meisten locke, sei natürlich Bormio im Februar im Rahmen der Olympischen Winterspiele, betont der Samnauner. Und dann? Folgt nach allfälligen weiteren Erfolgen der Rücktritt? Schliesslich ist er schon 35-jährig. «Nein, Gedanken über einen Rücktritt sind schon auch da, aber im Hinterkopf habe ich die Heim-Weltmeister­schaft 2027 in Crans-Montana.» Er ergänzt: «Solange ich Spass habe, fahre ich!»

Nebst der Skifahrertätigkeit treibt Thomas Tumler sein Fernstudium in Sportmanagement voran. Und der Familienmensch will auch gelegentlich in seinen Heimatort Samnaun fahren, um die Familie zu sehen. «Leider hatte ich in den letzten Monaten zu wenig Zeit, nur zwei- bis dreimal», bedauert er. Immerhin: Olympia-Austragungsort Bormio ist nicht so weit von Samnaun weg. Möglich, dass da seine Familie mit Vater und Brüdern zu Besuch kommt.

Autor: Stephan Kiener

Thomas Tumler
Thomas Tumler ist am 5. November 1989 in Scuol geboren. Aufgewach­sen ist er in Samnaun. Seine Paradedisziplinen sind Riesenslalom und Super-G. Seine grössten Erfolge feierte er im letzten Winter mit dem ersten Sieg im Weltcup-Riesenslalom in Beaver Creek in den USA und mit zwei Silbermedaillen an der Ski-WM in Saalbach (Aut) im Riesenslalom und im Mannschaftswettbewerb.
Weitere herausragende Einzelerfol­ge sind der Sieg in der Europacup-Gesamtwertung und im Super-G 2013/14 und drei Schweizer Meistertiteln im Super-G und Riesenslalom. Thomas Tumler ist Mitglied des SSC Samnaun und im Nationalmannschaftskader von Swiss-Ski. (skr)

Auch Vanessa Kasper im Aufgebot
Beim Saisonauftakt der Alpinen am kommenden Wochenende in Sölden (AUT) steht auch Vanessa Kasper im Aufgebot. Die 29-jährige Athletin aus Celerina wird am Samstag im Riesenslalom antreten. Kasper, die für den Skiclub Alpina St. Moritz startet, glänzte zuletzt vor allem im Europacup. Kaspers Paradedisziplin ist der Riesenslalom, wo sie im Februar dieses Jahres mit Platz 18 in Sestriere (ITA) ihr bisher bestes Resultat in einem Riesenslalom auf Weltcup-Stufe herausgefahren hat. Noch besser fuhr sie 2021 im Parallel-Slalom von Lech Zürs (AUT), wo sie auf Rang 14 fuhr. Start zum ersten Lauf des Riesenslaloms der Frauen in Sölden ist am kommenden Samstag um 9.45 Uhr. Der Riesenslalom der Männer startet am Sonntag um 9.45 Uhr. (sm)