Bahnfahren ist im Trend, vor allem in den Alpen. Laut den aktuellen Daten des Verbandes für den öffentlichen Verkehr in der Schweiz, Litra, sind noch nie so viele Passagiere in der Schweiz Zug gefahren wie 2024. Die Schweizer sind im europaweiten Vergleich Spitzenreiter, wenn es ums Bahnfahren geht.
In den letzten zehn Jahren verzeichnete die RhB schweizweit in der Anzahl der transportierten Fahrgäste und der Personenkilometer ein dreimal stärkeres Wachstum gegenüber anderen Schweizer Bahngesellschaften (Ausgabe vom 20. November). In den vergangenen drei Jahren wurden beispielsweise auf der Berninalinie über 70 Prozent mehr Personenkilometer gezählt. Das bedeutet, dass immer wieder die volle Auslastung überschritten wurde. Auch in den Zwischenzeiten sind die Züge inzwischen besser belegt.
Mehr Bernina Express im Winter
«Wir haben schon diverse Massnahmen umgesetzt und auch fürs nächste Jahr geplant», informierte RhB-Direktor Renato Fasciati kürzlich an einer Medienorientierung. So werde die RhB mehr Züge verkehren lassen. Im Winter werden zwischen Tirano - St. Moritz - Tirano zusätzliche Züge verkehren. Das Angebot auf dem Berninapass mit dem Postauto ist in den letzten Jahren ebenfalls massiv ausgebaut worden. «Wenn wir zu voll sind, können die Leute auf die Strasse ausweichen», sagte Fasciati.
In den nächsten Jahren bis 2037 wird die RhB in neues Rollmaterial und Infrastrukturen investieren. Diese Investitionen belaufen sich gemäss ersten Schätzungen auf weit über einer Milliarde Franken. Bund und Kanton müssen allerdings noch zustimmen, um diese Modernisierungspläne verwirklichen zu können. Fasciati ist aber zuversichtlich, zumal der Kostendeckungsgrad im Vergleich zu anderen Bahnen in der Schweiz überdurchschnittlich hoch ist. «Es lohnt sich, hier zu investieren.»
Ziel: attraktiver Arbeitgeber sein
Rund 30 Prozent der bestehenden Mitarbeitenden der RhB werden in den nächsten zehn Jahren pensioniert. Diese gilt es zu ersetzen, und gleichzeitig muss der Personalbestand aufgestockt werden. Aktuell sind 1800 Mitarbeitende für die RhB tätig. «Wir haben das Personal deutlich ausgebaut», informierte der Direktor. Heute gebe es sogar «leicht zu viel» Lokführerinnen und Lokführer.
«Wir wollen der attraktivste Arbeitgeber in der Bahnbranche sein», so Fasciati. Kolleginnen und Kollegen aus der ganzen Schweiz, aber auch aus dem Ausland sollen motiviert werden, zur RhB zu wechseln.
Kein Umsteigen in Samedan
Mit dem neuen Fahrplan Mitte Dezember wird der Halbstundentakt von Zürich nach Chur eingeführt. Die RhB strebt mittelfristig kantonsweit den Halbstundentakt an. Ab 2037 sollen auch die Züge auf der Berninastrecke alle halbe Stunde fahren, mit schnellen Anschlüssen nach Mailand. In Richtung Norden ist alle zwei Stunden ein Direktzug vom Puschlav nach Chur geplant. «Damit müsste man in Samedan nicht mehr umsteigen», erklärte Fasciati. Man hätte zudem nicht nur einen Halbstundentakt am Bernina, sondern auch ein Halbstundentakt auf der Albulastrecke. Konkret: Nebst den stündlichen Interregio-Zügen würde eine halbe Stunde versetzt immer entweder ein Bernina Express, ein Glacier Express oder ein Güterzug fahren. Heute hat es unterhalb von Poschiavo einen sogenannten «Hinketakt», also einem 40/80-Minuten-Takt. Durchschnittlich jede Stunde fährt ein Zug in beide Richtungen zuzüglich fünf Berninaexpress-Züge. Das Ziel ist ein systematischer Halbstundentakt. «Die Züge sollen alle dreissig Minuten voneinander getrennt fahren», erläuterte Fasciati.
Weniger, aber dafür längere Wagen
Die Wagen auf der Berninastrecke sind heute zwei Meter kürzer als bei der übrigen RhB-Flotte. Grund dafür sind die engen Kurven. Künftig sollen auf derselben Länge, auf der heute sieben Wagen eingesetzt werden, nur noch sechs, dafür längere Wagen fahren. «Allein diese Massnahme hat etwa zehn Prozent mehr Sitzplätze und zehn Prozent weniger Kosten zur Folge», so Fasciati.
Die heutigen dreiteiligen Triebzüge sollen durch neue, vierteilige Fahrzeuge ersetzt werden. Diese sind in der Mitte teil- und verstärkbar. Das wiederum bedeutet erweiterte Kapazität und ein effizienterer Betrieb. Triebwagen auf beiden Seiten des Zuges ermöglichen eine Hohe Anhängelast auf der steilen Bernina-Rampe. Zudem würden die Rangiermanöver in Tirano reduziert werden, was wertvolle Zeit einsparen könnte. Auch Güterwagen könnten mitgenommen werden.
Viel Baubetrieb auf Berninastrecke
Die Tunnels und Galerien entlang der Berninastrecke sind heute so gebaut, dass man nur mit kurzen Wagen durchkommt. Deswegen würden diese in den kommenden Jahren auf Stammnetz-Level ausgebaut. «Diese Infrastruktur müssen wir sowieso sanieren», betonte der Direktor. Bis 2036 soll die Strecke so erweitert werden, dass auch längere Wagen durchfahren können. Die Tunnels werden von 3,35 Meter auf 4,70 Meter verbreitert und so angepasst, dass nach Bedarf von Gleichstrom auf Wechselstrom umgeschwenkt werden kann. Auch die Sicherheit werde verbessert. Zwei Tunnels wurden bereits saniert, nämlich die Varuna-Tunnels I und II.



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