Das Konjunkturforschungsinstitut KOF geht in einem Basisszenario davon aus, dass die Branche mit Schutzkonzepten funktionieren kann und die inländische Nachfrage gut ist, wie KOF-Leiter Jan-Egbert Sturm an einer Online-Medienkonferenz vom Dienstag sagte. Dann dürften die Übernachtungszahlen in der Wintersaison insgesamt noch um 30 Prozent zurückgehen.
Allerdings sei nicht auszuschliessen, dass sich die Pandemie im Herbst und Winter deutlich heftiger zurückmelde und länger anhalte als derzeit angenommen. In einem solchen Szenario könnten die Logiernächte im Vergleich zum Vorkrisenniveau um über die Hälfte einbrechen.

Nicht alle überleben
So oder so: Der Winter werde nochmals hart für viele Betriebe, sagte KOF-Ökonom Florian Hälg auf die Frage nach möglichen Konkursen. Es werde einige Firmen geben, die das Handtuch werfen müssten, ergänzte Sturm. Allerdings sei es schwierig, hier genaue Prognosen anzustellen.
Der Vorteil der Tourismusbranche sei sicher, dass hier mehr Flexibilität herrsche als in anderen Bereichen, sagte Sturm. Müsse ein Restaurant schliessen, gebe es auch Chancen für den nächsten Inhaber. «Man muss aber auch auf das Menschliche und Soziale schauen: Die Betroffenen können nichts für die Verluste.» Die Gesellschaft müsse sich die Frage stellen, wie man mit diesen Verlierern umgehe.

Umsatzeinbusse von über 10 Mrd.
Die Tourismusbranche wird von der Pandemie besonders hart getroffen. Die letzte Wintersaison wurde jäh unterbrochen, der Start in die Sommerferien verlief entsprechend zögerlich. Zwar erholte sich die Nachfrage ab Mitte Juni etwas, weil vor allem mehr Schweizerinnen und Schweizer ihre Ferien hierzulande verbrachten. Doch auch sie konnten die Einbussen bei den internationalen Gästen nicht ausgleichen.
Insgesamt dürfte im Vergleich zur letztjährigen Sommersaison immer noch ein Minus von gut 40 Prozent zu Buche stehen. Für das gesamte Tourismusjahr prognostiziert die KOF einen Rückgang der Logiernächte um rund einen Drittel. Dies führe in der Summe zu einer geschätzten Einbusse von 13,3 Millionen Logiernächten. Alleine der Hotellerie entgingen damit 1,6 Milliarden Franken, dem gesamten Tourismus gar 10 Milliarden Franken.
Die schwierige Situation hat zudem auch den Preisdruck verschärft. Unter dem Strich gibt es laut KOF 20 Prozent mehr Firmen, die sinkende Preise erwarten als solche, die von stabilen oder steigenden Preisen ausgehen. Erst im nächsten Jahr sei wieder mit positiven Vorzeichen zu rechnen, sagte Sturm. Innerhalb des Tourismus gebe es allerdings grosse Unterschiede. So hätten die Restaurantpreise im üblichen Ausmass zugelegt.

Langwierige Erholung
Die Branche wird insgesamt mehrere Jahre brauchen, um sich zu erholen. Der Nachfrageverlust gegenüber 2019 dürfte 2021 noch bei 6,2 Milliarden Franken liegen, schätzt die KOF. Gerade bei den ausländischen Gästen werde die Erholung einige Zeit in Anspruch nehmen.
Für die Fernmärkte wird angenommen, dass die Reisebeschränkungen im Frühjahr 2021 schrittweise aufgehoben werden. Ende 2021 dürften die Logiernächte der internationalen Gäste knapp 80 Prozent des Vorkrisenniveaus erreichen und Ende 2022 90 Prozent. Ganz ausgewetzt dürfte die Scharte dann erst 2023 wieder sein.

Autor: (sda)

Foto: Engadin St. Moritz Tourismus/Gian Giovanoli