Kürzlich hat die Ginesta Immobilien AG die Marktberichte 2021 für die Oberengadiner Gemeinden St. Moritz, Pontresina, Celerina und Samedan veröffentlicht. Zwischen den einzelnen Gemeinden gibt es Unterschiede in Bezug auf die erzielten Verkaufspreise, allen gemeinsam ist aber, dass das Angebot an Immobilien auf dem Zweitwohnungsmarkt knapp ist. Dieses knappe Angebot trifft auf eine rege Nachfrage, vor allem von Schweizer Käufern, was wiederum steigende Preise zur Folge hat. Preise, die bereits wieder nahe den Höchstständen vor 2012 sind.
Besonders ausgeprägt ist dies in St. Moritz der Fall, wo kantonal und teilweise auch schweizweit die höchsten Preise bezahlt werden. Für gehobene Eigentumswohnungen werden bis zu 20 000 Franken pro Quadratmeter Bruttogeschossfläche (BGF) bezahlt, luxuriöse Liegenschaften erzielen bis zu 26 000 Franken, Raritäten teils noch deutlich mehr. Allerdings muss die Lage stimmen. Bereits im Dorfteil Bad liegen die Preise tiefer und in der angrenzenden Fraktion Champfèr respektive der Nachbargemeinde Silvaplana werden gemäss Ginesta 20 Prozent weniger bezahlt.

Höchstpreise am Suvretta-Hang
Besonders begehrt in St. Moritz sind die wenigen Einfamilienhäuser, die auf den Markt kommen. Eine gute Lage kombiniert mit luxuriösem Ausbau geht für 30 000 Franken und mehr pro m2 BGF weg, am Suvretta-Hang, eine der beliebtesten Villengegenden der Schweiz, werden auch mal bis zu 65 000 Franken bezahlt.
Gemäss Ginesta Immobilien befindet sich der St. Moritzer Zweitwohnungsmarkt in einer sehr guten Verfassung. Nach einer Korrekturphase bis 2018 würden die Transaktionspreise für Einfamilienhäuser wieder steigen, mit verstärktem Aufwärtstrend in den letzten Quartalen. Bei den Eigentumswohnungen hätten sich die Preise ab 2018 stabilisiert und zeigten aktuell einen spürbaren Aufwärtstrend. In diesem Segment liegen die Preise nur noch fünf Prozent unter den vormaligen Rekordwerten.

Ferienwohnungen zur Miete gefragt
Bezüglich der erzielten Verkaufspreise vermögen bereits die beiden Nachbargemeinden Pontresina und Celerina nicht mit St. Moritz mitzuhalten. Bei luxuriösen Eigentumswohnungen liegen die durchschnittlichen Verkaufspreise in Pontresina und Celerina bei 18 000 Franken, für Luxusobjekte bei 25 000 Franken. Noch etwas mehr wird für Einfamilienhäuser bezahlt. In Celerina gelangen diese allerdings gar nicht auf den Markt. Die Angebotsquote (Anzahl angebotene Objekte im Verhältnis zum Bestand) ist bei null, während sie in Pontresina im Jahresvergleich leicht auf 4,5 Prozent angestiegen ist. Bei den Eigentumswohnungen liegen die Angebotsquoten bei 4,1 Prozent (St. Moritz), 4,6 (Pontresina) und 3,1 (Celerina). Für Ginesta Immobilien sind Märkte bei einer Angebotsquote von sechs bis acht Prozent intakt und effizient. In sämtlichen drei Gemeinden beobachtet die Immobilienfirma eine hohe Nachfrage nach Mietwohnungen als Feriendomizile.

Starke Korrektur in Samedan
Das gilt auch für die Gemeinde Samedan. Mit 2,2 Prozent liegt die Angebotsquote noch tiefer als in den Nachbargemeinden und so tief wie seit vielen Jahren nicht mehr, was auf eine hohe Nachfrage nach Mietobjekten für Ferienzwecke schliessen lässt. Als Zentrumsort mit vielfältigen Aufgaben verfügt Samedan über überdurchschnittlich viele Mietwohnungen für Einheimische. Das widerspiegelt sich auch in den Verkaufspreisen für Eigentumswohnungen und Einfamilienhäuser, welche bis zu einem Viertel tiefer sind als in den stärker touristisch geprägten Nachbargemeinden. Während die Preise für Einfamilienhäuser in Samedan bereits seit 2017 wieder steigen und nahe den Höchstständen notieren, erlebte der Markt für Eigentumswohnungen eine Korrektur, von der er sich bis heute nicht erholt. Nach 2012 sind die Preise um rund ein Viertel gesunken und tendieren nun seit mehren Monaten seitwärts. Für die kommenden Monate wird mit einem leichten Aufwärtstrend gerechnet.
Die detaillierten Marktberichte können unter www.ginesta.ch heruntergeladen werden.

Nachgefragt mit Sascha Ginesta:

«Angebotsbegrenzung wirkt sich aus»

Engadiner Post: Ginesta Immobilien geht für das Oberengadin von einer intakten Nachfrage mit steigenden Transaktionspreisen aus. Wie wird diese Annahme begründet?
Sascha Ginesta: Die Annahme der Zweitwohnungsinitiative 2012 hat dazu geführt, dass mittlerweile kaum mehr Neubauten erstellt wurden respektive werden, was das Marktvolumen künstlich begrenzt. Das Resultat: Mittlerweile ist die daraus entstandene Angebotsverknappung mit entsprechendem Preisdruck klar und über den gesamten Markt spürbar. Die tiefen Zinsen, die allgemeine Wirtschaftslage, das Wohlstandsniveau, der Bedarf nach Anlage-Diversifikation und Sachwerten sowie neuerdings das durch Covid–19 veränderte Reiseverhalten bilden derweil die wichtigen Faktoren für ein weiterhin hohes Interesse an Ferienliegenschaften, das ohne anderweitigen Einfluss einen Anstieg der Preise zur Folge haben wird.

Wie stuft Ginesta die Gefahr einer Überhitzung des Immobilienmarktes im Oberengadin ein oder anderes gefragt, entsprechen die heute erzielten Marktpreise den realistischen Preisen?
Wir sehen keine Anzeichen einer Überhitzung, zumal die ehemaligen Höchststände von vor 2012 noch nicht oder nur knapp überstiegen sind. Die Folge der Zweitwohnungsinitiative ist wie gesagt die Angebotsbegrenzung, welche sich nun am Markt auswirkt. Eine Aufhebung der Baubeschränkung ist kurz und mittelfristig nicht zu erwarten. Somit bleibt das Angebotsvolumen mehr oder weniger unverändert beziehungsweise begrenzt sich auf die Wiederverkäufe. Die leichte aber stetige Nachfragezunahme erachten wir als nachhaltig, da sich auch hier kurz und mittelfristig keine Korrektur der treibenden Faktoren abzeichnet. Zudem darf nicht vernachlässigt werden, dass aktuell der Grossteil der Nachfrage mehrheitlich aus dem Inland kommt. Es darf durchaus auch erwartet werden, dass die Nachfrage aus dem Ausland nach der Pandemie ebenfalls zunimmt. In diesem Sinn erachten wir die Marktpreise aktuell als realistisch.

Was in allen Gemeinden auffällt ist eine hohe Nachfrage nach Mietwohnungen. Betrifft das vor allem Wohnungen, die auch zu Ferienzwecken benützt werden können oder auch Mietwohnungen für Einheimische?
Wir beobachten aktuell vorwiegend eine Zunahme der Nachfrage nach Mietwohnungen im Bereich der Ferienwohnungen in Jahresmiete. Die Nachfrage von Einheimischen ist nach unserer Ansicht konstant geblieben.

Was ins Auge sticht ist der hohe Preisunterschied zwischen Samedan und den Nachbargemeinden. Wie erklärt sich diese Differenz?
Die Gemeinde Samedan ist seit jeher eine Zentrumsgemeinde mit überdurchschnittlich hohem Erstwohnungsanteil beziehungsweise einem hohen Anteil an ständiger Bevölkerung versus Zweitheimischen. Das schlägt sich auch in den durchschnittlichen Preisen nieder. Zudem kann die touristische Attraktivität generell und die Nähe zu St. Moritz bei Pontresina, Celerina sowie Champfèr/Silvaplana als Wertmerkmal betrachtet werden.

Sascha Ginesta ist Leiter Vermarktung Graubünden und Partner bei Ginesta Immobilien. Er ist Eidg. dipl. Betriebswirtschafter HF und Immobilienbewerter mit eidg. Fachausweis.

Autor: Reto Stifel

Foto: Ginesta Immobilien