Seit Oktober 2020 ist klar: Wenn im Oberengadin ein regionales Eissportzentrum gebaut wird, dann auf dem Areal Signal der Gemeinde St. Moritz. Nach einer mehrstufigen Standortevaluation blieb einzig das Signal-Areal übrig. Ein Standort notabene, der bei der Gemeinde St. Moritz nie oberste Priorität genossen hatte. Denn eines war von Anfang an klar, die Entwicklung dieses Areals ist aus verschiedenen Gründen höchst komplex und auch teuer. Bereits vor einem Jahr, als sich der Gemeinderat von St. Moritz im Grundsatz für ein Eissportzentrum (ESZ) Signal ausgesprochen hatte, gab Gemeindepräsident Christian Jott Jenny zu bedenken, dass bis zur einer Inbetriebnahme des ESZ an diesem Ort gut und gerne acht Jahre ins Land ziehen könnten. Ob diese Prognose zu pessimistisch oder gar zu optimistisch ist, wird sich zeigen müssen. Fakt ist: Der ursprünglich aufgestellte Zeitplan kann nicht eingehalten werden. Gemäss diesem hätte jetzt in der Region die Abstimmung über die Leistungsvereinbarung II, also den Planungskredit erfolgen sollen.

Offene Fragen in St. Moritz
«Auf Stufe Region sind wir bereit», sagte Christian Brantschen, Präsident der Regionalplanungskommission am Donnerstag anlässlich der Präsidentenkonferenz der Region Maloja. Eine vertiefte Machbarkeitsstudie wurde erstellt, das Trägerschaftsmodell steht ebenso wie ein Betriebskonzept, und auch die Berechnung der Bau- und Betriebskosten ist erfolgt. Nun kommt das grosse Aber: Bevor eine Botschaft erarbeitet werden kann, muss die Standortgemeinde St. Moritz der Region ein Angebot mit einer konkreten Offerte, beispielsweise für einen Landkauf unterbreiten, oder weitere Bedingungen definieren. «Bis diese offenen Fragen geklärt sind, müssen wir einen Marschhalt einlegen», sagte Brantschen.
Und wann sind die Fragen geklärt? Eine konkrete Antwort kann der zuständige Gemeindevorstand Reto Matossi auf Anfrage nicht geben. Zu komplex sei das Geschäft, zu viele Fragen stünden noch offen, zu wichtig sei der Entscheid für die Gemeinde St. Moritz. «Als die Region sich für den Standort Signal ausgesprochen hatte, wusste sie, dass die konkrete Umsetzung eines Projektes nicht ganz einfach sein wird», sagt er. In der Tat präsentiert sich die Situation höchst komplex, und es bestehen viele Abhängigkeiten respektive vertragliche Verpflichtungen, welche nicht zuletzt durch zwei Volksabstimmungen geschaffen worden sind. Im September 2013 wurde mit dem «Tauschvertrag Pitsch» die Voraussetzung für eine Arealentwicklung geschaffen. Und 2014 wurde verschiedenen Verträgen zwischen der Gemeinde und der Engadin St. Moritz Moritz Mountains AG zugestimmt.

Investoren gesucht
Daraus ergibt sich beispielsweise die Verpflichtung, dass die Gemeinde knapp 500 unterirdische Parkplätze und mindestens 300 Hotelbetten auf dem Areal realisieren muss. Nur: Wer soll das bezahlen? Die ursprünglich angedachte Idee einer Mantelnutzung mit Dienstleistungsbetrieben und der Migros als Grossinvestor, ist schon länger vom Tisch. Und ein neuer Investor ist zurzeit nicht in Sicht. Dass auf dem Areal nun auch noch ein Eissportzentrum gebaut werden muss, dürfte die Attraktivität für einen privaten Investor nicht unbedingt steigern. «Es ist sicher nicht einfach, aber auch nicht unmöglich», sagt Matossi. Bei der Volksabstimmung 2013 war man noch davon ausgegangen, dass die Gemeinde die Vorinvestitionen von 8,7 Millionen Franken an einen künftigen Investor übertragen kann – ob das heute noch möglich ist, muss zumindest hinterfragt werden.
Die Gemeinde hat im Mandatsverhältnis einen Planer beauftragt, um diesbezüglich konkrete Abklärungen zu treffen. Bis zum Sommer möchte der Gemeindevorstand Antwort auf die Frage, wie gross die Chancen sind, Investoren für das Areal zu finden, am liebsten gleich auch konkrete Namen. Spätestens im Herbst will Matossi das Geschäft wieder in den Gemeinderat bringen. «Dieser muss dann entscheiden, ob wir den Weg weitergehen oder ob wir allenfalls abbrechen müssen.»

Nur als Gesamtpaket
Für Matossi nicht denkbar ist die Option, dass die Vorlage des Eissportzentrums bereits jetzt zur regionalen Abstimmung kommt – auch wenn die Machbarkeit für eine Eishalle, ein Eisfeld und eine Curlinghalle grundsätzlich gegeben wäre. «Die St. Moritzer Stimmberechtigten können nicht über eine Botschaft abstimmen, ohne zu wissen, was mögliche Folgekosten sind. Der Realisierung des ESZ soll ein Gesamtkonzept zugrunde liegen. «Die verschiedenen Projekte müssen als Gesamtpaket umgesetzt werden.»

Autor: Reto Stifel

Foto: Daniel Zaugg