«St. Moritz löst seine Probleme modern und innovativ», verkündete Christian Jott Jenny vor Medienvertretern gestern Mittwoch vor dem Segelclub am Ufer des St. Moritzersees. Die «Lakeside-App» und die «St. Moritz Smart-Cap» sollen künftig Unfälle auf der Seepromenade mit innovativer Technik vermeiden. Bei den neuen Gadgets handelt es sich, simpel gesagt, einerseits um den bekannten St. Moritz-Baseballhut, an welchen ein Fahrradrückspiegel gebastelt wurde und der andererseits mit einer Smartphone- und Tablet-App gekoppelt ist.

Hochleistungskamera
Beim Spiegel, präzisiert Gemeinde Capo Christian Jott Jenny umgehend, handle es sich keineswegs nur um einen einfachen Velo-Rückspiegel und von Gebastel könne keine Rede sein. «In den Spiegel integriert ist nämlich eine Hochleistungskamera, die schnell nahende Objekte wie Radfahrer oder auch Jogger erkennen und identifizieren kann.» Zudem sei der Spiegel mit einem kleinen Warndreieck, gleich wie jene von modernen Autorückspiegeln ausgestattet, welches den Träger mit schnellem Blinken pinkfarben vor einem sich schnell von hinten nähernden Objekt warne und den toten Winkel sichtbar mache.
Wieso trennt St. Moritz nicht einfach mittels einer farblichen Markierung auf der Seepromenade die Radfahrer von den Fussgängern ? «So, das haben unsere Untersuchungen gezeigt, funktioniert das in der Praxis leider nicht. Da hält sich keiner dran. Und bis wir mit baulichen Massnahmen die Radfahrer von den Fussgängern trennen können, wird es sicher noch eine ganze Weile dauern», erklärt Jenny. Natürlich sei im Gemeindevorstand auch diskutiert worden, die Radfahrer auf die Kantonsstrasse umzuleiten. «Das ist aber bei dem grossen Verkehrsaufkommen, auch durch Lastwagen, für die Radfahrer viel zu gefährlich, und ‹Safety First› für alle Verkehrsteilnehmer hat in St. Moritz höchste Priorität», verteidigt Jenny das Vorgehen der Gemeinde und ergänzt: «unsere detaillierten Analysen aller Vorfälle auf der Seepromenade zeigen, dass die meisten Unfälle auf unvorsichtiges Verhalten der Radfahrer zurückzuführen sind.» Deswegen setze man ganz – «St. Moritz-like eben» – auf neue Technik.
Aktiviert werde die App, so Jenny, die jede andere App im Falle einer drohenden Gefahr überstimmt, jeweils automatisch von Signalpfosten, die bei jedem Zugang zur Promenade stehen werden. Sobald die App aktiv ist, zeigt sie ein aktuelles Bild der Spiegelkamera auf dem Smartphone. Bei GPS-fähigen Smartphones sei die Anwendung überall möglich und selbstverständlich könne die App auch manuell aktiviert werden.

Kaum Kosten für die Gemeinde
Und wie finanziert die Gemeinde die Entwicklung dieser sicher nicht billigen Caps und die Entwicklung der App? «Gar nicht», antwortet der Capo. «Der deutsche Automobilzulieferer, die Schob-Gruppe aus Südbaden hat uns mit dieser Idee kontaktiert.
Deren CEO, Bert Schob, ist seit Jahren in der Region Stammgast und den Gemeindebehörden mittlerweile freundschaftlich verbunden.» Das Unternehmen habe ein kleines und überschaubares Gebiet für Tests gesucht und um Unterstützung bei der Umsetzung gefragt. Der Gemeinde würden nur Kosten im tiefen vierstelligen Bereich entstehen, so der Capo.
Ausserdem plane die Schob-Gruppe die Technik auszubauen und habe für den Spätherbst 2021 Tests auf den St. Moritzern Skipisten angekündigt. Dabei werde es sich um eine Weiterentwicklung der soeben präsentierten Technik handeln. Ein Skihelm und eine mit dem Helm gekoppelte Brille mit Head-Up-Display sollen final und mithilfe von St. Moritzern Skilehrern auf deren Tauglichkeit geprüft werden. Die Schob-Gruppe wolle mit diesen Produkten später weltweit erfolgreich sein.

Bevölkerung darf testen
Am Ende der Medienpräsentation erklärt Mediensprecher Fabrizio d’Alosio das weitere Vorgehen der Gemeinde: «Heute Donnerstag zwischen 16.00 Uhr und 17.00 Uhr finden abschliessende Tests auf einer abgesperrten Strecke der Seepromenade vor der Reithalle statt.»
Dabei gehe es vor allem um den Tragekomfort der Caps und die Bedienung der App. Interessierte Bürgerinnen und Bürger seien selbstverständlich gerne dazu eingeladen und dürften die drei Prototypen selbst auf Herz und Nieren testen. D’Aloisio bittet aber alle Interessierten um Einhaltung der aktuellen Covid-19-Distanz- und Verhaltensregeln. Masken zu tragen, sei Pflicht.
Beschlossen hat der Gemeindevorstand von St. Moritz zudem, dass die Cap sowohl gemietet wie auch gekauft werden kann. Die Miete für zwei Wochen wird 39 Franken betragen, und zum Preis von 199 Franken kann man die «St. Moritz-Smart-Cap» ab Anfang Juni bei den Infostellen kaufen.

Text und Foto: Daniel Zaugg