Verschlafen wirkt Guarda an diesem Samstagmorgen. Es ist 9.30 Uhr und würden nicht Schilder auf das bevorstehende Bikerennen hinweisen, könnte man sich kaum vorstellen, dass noch am selben Tag 1500 Mountainbikes durchs Bergdorf fahren werden. Ein Junge sitzt in Warnweste beim Parkplatz vor dem Dorfeingang und wartet. Kurz vor den ersten Häusern stellt eine Frau einen Klappstuhl auf. Auch sie trägt Warnweste. Beide sind für die Verkehrsregelung zuständig. Auf der Strasse ist allerdings noch niemand anzutreffen. Erst im Dorfkern, beim Brunnen gleich neben dem Gasthaus Crusch Alba, herrscht emsiges Treiben.

Seit 20 Jahren Voluntari

Hier sind Antonio und Sandra Dias mit den letzten Vorbereitungen beschäftigt. «Mein Mann und ich sind seit 20 Jahren Voluntaris beim Bike-Marathon», erzählt Sandra Dias. Antonio Dias ist in Guarda Ressortchef und dafür zuständig, dass vor Ort alles reibungslos abläuft. Er koordiniert die Voluntari-Einsätze, organisiert Material, sorgt dafür, dass die Strassen signalisiert sind und am Renntag keine Fahrzeuge auf der Strecke fahren. Viel Vorbereitungszeit investiert Antonio Dias für den Event, schon am Donnerstag fängt er mit den Arbeiten an, bis Samstagabend ist er im Einsatz. «Es ist ein toller Anlass und ich möchte meinen Beitrag für die Region leisten», sagt er über sein Engagement.

Am Renntag selber sind Antonio und Sandra Dias vor allem auch als lautstarke Fans aktiv. Sie stehen mit Schellen am Strassenrand und feuern die Teilnehmerinnen und Teilnehmer lautstark an. «Viele sagen, in Guarda ist die Stimmung am schönsten», freut sich Sandra Dias. Jedes Hopphopp und Hejaheja motiviere. «Es gibt langjährige Teilnehmer, die sich jedes Mal freuen, uns wieder zu sehen», erzählt Antonio Dias.

Wertschöpfung für die Region

Zwei weitere Herren gehören quasi schon zum Inventar des Nationalpark Bike-Marathons dazu. Andrea Matossi und Beni Ramel sitzen an einem Tischchen im Schatten und checken auf einem Bildschirm den Rennverlauf. «Sie sind gleich da», ruft Matossi den umstehenden Zuschauerinnen und Zuschauern zu. Er ist auch der DJ vor Ort und hat seine übliche «Marathon-Playlist» mit Hits wie «We will rock you» von Queen dabei.

Beni Ramel kommt aus dem Toggenburg und ist in Guarda als technischer Mitarbeiter für die Zeitmessung zuständig, Andrea Matossi aus Scuol ist der Speaker für Datasport. «Dieser tolle Anlass bringt uns Wertschöpfung ins Unterengadin, das darf man nicht vergessen», sagt der Speaker über seine Motivation, mitzuhelfen.

400 Voluntaris sind jedes Jahr im Einsatz für den Nationalpark Bike-Marathon. In Guarda sind es 22 Personen. Die meisten von ihnen sind auswärtige Bike-Marathon-Fans.

«Glöckle» als Motivationsspritze

Auch Monika Schwyter aus Bilten (GL) ist jeweils mit dabei, wenn der Bike Marathon durchgeführt wird, und zwar seit der zweiten Ausgabe des Rennens. «Ich bin die Glöcklerin», sagt sie lachend. Ihr Mann nehme jeweils am Bike-Marathon Teil und immer stehe sie direkt vor dem bekannten Schellen Ursli-Haus und zeige den übrigen Fans an, wann die Bikerinnen und Biker eintreffen. «Früher hatte es noch mehr Glöckler und sogar eine Bongogruppe, aber jetzt stehe ich immer alleine da», bedauert sie. Der Schall trage den Glockenton allerdings bis zum Dorfeingang und begrüsse so die erschöpften Rennteilnehmenden schon von Weitem.

Plötzlich entsteht Bewegung auf dem Dorfplatz. Via Funk hat Sandra erfahren, dass der erste Fahrer der Livignasco-Strecke gleich eintrifft. Sie und ihr Mann schnappen sich die Schellen und stellen sich an den Strassenrand. Touristen und Einheimische stellen sich erwartungsvoll dazu. Dann ertönt die Glocke von Monika Schwyter - es kann losgehen.

Text: Fadrina Hofmann