Zugegeben, manch-mal suche und finde ich Probleme, die keine sind. Beispielsweise ertappe ich mich regelmässig bei der Frage, wie ich mein aktuelles, mir unbekanntes Gegenüber – sei es die flinke Barmaid hinter der Theke, der klingelnde Handwerker an der Haustüre, der geduldige Verkäufer am Essensstand oder die mich heranwinkende Polizistin auf Streife – ansprechen soll. Und zwar nicht explizit wie, sondern vielmehr in welcher Sprache ich dies tun soll. Ein Dilemma. Beginne ich, weil mein Gegenüber etwas kantige Gesichtszüge aufweist, auf Romanisch, dann bekomme ich zu hören, «Wie bitte?» Spreche ich den Typen im Borussia-Shirt auf Deutsch an, höre ich ein verzweifeltes «Scusi?» und spreche ich aus lauter Verzweiflung eine attraktive Frau in holprigem Englisch an, dann sagt die bestimmt: «Cun mai poust discuorrer eir rumantsch.» Es ist zum Verzweifeln.

Dabei will ich ja nur höflich sein und aufgeschlossen. Zeigen, dass ich selbst auch zwei, drei Sprachen einigermassen vernünftig sprechen kann. Aber es ist hoffnungslos. Lege ich fremdenfeindliche Züge an den Tag, bloss weil ich alleine der äusseren Erscheinung wegen Schlüsse ziehe, in welcher Sprache ich die Person ansprechen soll? Und würde ich den Namen kennen, würde das etwas ändern? Beispielsweise im Café um die Ecke, wo der Kellner ein Namenschild trägt: «Kalí méra Sebastianos Papadopoulos, tha íthela énan kafé!» Was übrigens so viel heisst, wie guten Tag Sebastianos Papadopoulos, ich hätte gerne einen Kaffee. Papadopoulos stutzt, schaut mich aus grossen dunklen Augen an und sagt lachend: «Aber gära. I bring’Na grad en Kaffi. Schwarz oder törfs mit Milch und chli Zucker si?»

Denken Sie, was sie wollen. Böse Absichten kann ich hinter meinem Handeln keine erkennen, höchstens schlechte Menschenkenntnis. In dem Sinne: Grazcha fich, for your infinito Geduld. Oder anders gesagt, gib mir ein Zeichen, wenn du mich verstehst.

Autor und Foto: Jon Duschletta

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