Ende Oktober 2022 war Schluss: Alfred und Margrit Lochau-Bernet schlossen nach 44 Jahren ihr Foto- und Papeteriefachgeschäft in Pontresina. Das war gleichbedeutend mit dem Ende einer 159-jährigen Familientradition – 1869 hatte Alexander Flury die Firma Foto Flury gegründet. Als Bergführer und Fotograf gehörte er mit seinem Fotogeschäft zu den Pionieren der damaligen Zeit. Mit dem Aufkommen neuer Technologien war es nun möglich, die spektakulären Hochgebirgslandschaften zu fotografieren. Zu Beginn war das mit viel Aufwand verbunden: Die grossen, schweren Kameras mit integrierter Entwicklungsmöglichkeit und Stativ mussten auf die Berge geschleppt werden. Dort wurden gleich auch Dunkelkammerzelte aufgestellt, um die Glasplatten mit der lichtempfindlichen Fotoemulsion von Hand zu giessen und nach der Belichtung gleich auch zu entwickeln.

Umfangreiche Sammlung
Das und vieles mehr erfährt, wer die Dauerausstellung «Kamera-Museum Pontresina – collecziun Flury/Lochau» im Museum Alpin in Pontresina besucht. Am Freitag war Vernissage, und dass das Thema interessiert, zeigte die Anwesenheit zahlreicher Gäste. Es war zugleich auch die Eröffnung der ersten Ausstellung im früheren Lagerraum des Museums im ersten Untergeschoss. Über all die Jahre ist eine umfangreiche Sammlung von Foto- und Filmkameras, welche die technische Entwicklung der Fotografie dokumentieren, zusam­men­gekommen. Dazu viele weitere Gerätschaften, eine vollständig eingerichtete Dunkelkammer sowie die unzähligen historischen Aufnahmen von Engadiner Landschaften, Bergen, Alpinisten und Bergführern. Wertvolle Dokumente also aus der umfangreichen Glasplatten und Negativsammlung. 

Der Umzug des Fotomuseums vom früheren Fachgeschäft ins Museum Alpin war mit viel Arbeit verbunden, wie Alfred Lochau und die Betriebsleiterin des Museums, Stefanie Stegemann, ausführten. Die rund 600 Exponate mussten alle erfasst und inventarisiert werden. «Der Ausstellungsraum war übervoll mit Gegenständen, und es galt zu entscheiden, was ausgestellt werden soll und was vorderhand in den Schränken hinter den Vitrinen verstaut wird», sagt Lochau. Neben verschiedenen Schautafeln mit Textinformationen sind unzählige Kompakt- und Kleinbildkameras in allen möglichen Ausführungen in grossen Vitrinen zu sehen. Von Festbrennweitenmodellen zu Spiegelreflexkameras mit Wechselobjektiven bis hin zu Polaroid-Kameras und vielem mehr dokumentieren sie die rasante technische Entwicklung. Ein Blickfang sind selbstverständlich auch die alten, grossen Gerätschaften. Darunter eine alte Grossformatkamera mit der schweren Filmkassette für eine Negativgrösse von 40 mal 50 Zentime­ter. Gleich daneben ist an der Wand ein mit dieser Kamera fotografierter, kolorierter Abzug auf Albuminpapier mit der Ansicht von Pontresina gegen die Val Roseg zu bestaunen.

Einen guten Platz gefunden
«Ich bin überzeugt, dass die Sammlung einen guten Platz gefunden hat», sagte Lochau anlässlich der Vernissage. Dem konnte Richard Plattner als Vizepräsi­dent des Museum Alpin nur zustim­men. «Es ist toll, dass dieser wertvolle Schatz in Pontresina bleibt. Und für Gemeindepräsidentin Nora Saratz Cazin ist die Eröffnung des neuen Ausstellungsraums mit der Dauerausstellung über die fotografische Zeitgeschichte «eine weitere Aufwertung des Museums, welches sich in der Oberengadiner Museenlandschaft nicht verstecken muss».

Dass das Fotofachgeschäft Flury an der Via Maistra in Pontresina Geschichte ist, ist auch auf den rasanten Wandel in dieser Branche zurückzuführen – insbesondere mit der Digitalisierung. Hadern mag Alfred Lochau deswegen nicht. Das zeigt sich auf einer der Schautafeln, auf der die vorderhand neueste Entwicklung erklärt wird – der Einfluss der Künstlichen Intelligenz auf die Fotografie. Die Digitalisierung hat durchaus ihr Gutes. Ein grosser Teil der historischen Aufnahmen hat Lochau mithilfe seines Sohnes Stefan digitalisiert. Diese können auch weiterhin erworben werden (www.fotoflury.ch, Firma, Archiv).

Weitere Infos zu den Öffnungszeiten: www.pontresina.ch/museumalpin
Autor: Reto Stifel