Am 14. April 2024, kurz vor 7.00 Uhr morgens, ereignete sich auf rund 3600 Metern über Meer in der Westflanke des Piz Scerscen ein riesiger Bergsturz. Das Sturzmaterial drang über sechs Kilometer bis in den hinteren Teil der Val Roseg vor; das Ablagerungsvolumen wurde damals mit rund acht Millionen Kubikmetern beziffert. Menschen kamen keine zu Schaden. Allerdings gingen durch den Bergsturz Teile von ökologisch sehr wertvollen Lebensräumen verloren.
Marylaure de La Harpe von der Abteilung Natur und Landschaft beim kantonalen Amt für Natur und Umwelt hat am vergangenen Mittwoch das Bergsturzgebiet in der Val Roseg besucht. Was sie dort angetroffen hat, bezeichnet sie aktuell als «Biodiversitätswüste». Das Geröll sei noch zu grob und zu instabil, als dass sich Gefässpflanzen langfristig etablieren könnten. Bis der Schutt stabilisiert ist und somit ökologische Nischen anbieten kann, rechnet Marylaure de La Harpe mit rund fünf bis sieben Jahren. «Danach kann sich die Vegetation in den verschiedenen Sukzessionsstadien relativ rasch entwickeln», ist sie überzeugt. «Wenn wir Glück haben, sind es einheimische Arten; wenn nicht, ist es mit den heutigen Temperaturen auf den alpinen Ebenen auch wahrscheinlich, dass sich Neophyten wie beispielsweise die Lupine, die in der Val Roseg vorkommt, verbreiten.» Die verloren gegangenen ökologisch sehr wertvollen Lebensräume lagen in den sogenannten alluvialen Zonen – den Übergangsbereichen zwischen einem Gewässer und dem angrenzenden Land. Diese sind durch die Wechselwirkung von Wasser und Land geprägt und zeichnen sich durch eine hohe Dynamik und spezialisierte Artenvielfalt aus. Immerhin: Eine Pionierart der Silikatgerölle konnte sie am Mittwoch finden: Der Bleiche Klee (Trifolium pallescens).
Wie sich die Situation im Bergsturzgebiet rund 16 Monate nach dem Ereignis präsentiert, lesen Sie in der EP/PL vom 16. August.
Autor: Reto Stifel
Foto: Marylaure de La Harpe
Autor: Reto Stifel
Foto: Marylaure de La Harpe




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