Engadiner Post: Nik Hartmann, wir befinden uns in der Lobby vom Hotel Reine Victoria in St. Moritz. Sagt Ihnen der Name Nicolaus Hartmann etwas?
Nik Hartmann: Selbstverständlich. War er nicht der Baumeister des Kirchturms von St. Moritz?
Richtig. Und Ihr Namensvetter, Nicolaus Hartmann Senior, hat auch andere wichtige Engadiner Bauwerke erstellt wie zum Beispiel das Hotel Reine Victoria oder das Hotel Waldhaus Vulpera. Er war zudem für den Bebauungsplan von Sent nach dem Dorfbrand im Jahr 1921 zuständig.
Er hat doch auch den Kirchturm von Sent gebaut. Das steht jedenfalls auf einem Schild bei der Kirche von Sent, an der ich oft vorbeigehe. Dass da N. Hartmann steht, ist mir natürlich sofort aufgefallen (schmunzelt).
Welchen Bezug haben Sie zu Sent?
Wir haben seit einigen Jahren eine Ferienwohnung in Sent und sehr oft ist jemand von der Familie da.
Warum fiel die Wahl für die Ferienresidenz ausgerechnet auf Sent?
Weil ich mich 2017 bei einer Sendung im Unterengadin in dieses Dorf verliebt habe. Es war so eine tolle Stimmung während der Produktionswoche. Die Sehnsucht nach dem dörflichen Leben hat mich gepackt. Zu diesem Zeitpunkt bin ich jahrelang für SRF-Sendungen durch die Schweiz gewandert. Jedes Mal, wenn ich von einem dieser Aufenthalte nach Hause zurückkehrte, sagte ich zu meiner Frau Carla: Jetzt weiss ich, wo wir ein Häuschen, eine Wohnung oder einen Stall kaufen werden. Sie hat jedes Mal nur die Augen verdreht. Die einzige Ausnahme war bei meiner Rückkehr aus Sent. Da meinte sie: Wieso nicht?
Gab es einen besonderen Grund für diese positive Reaktion?
Das Engadin kenne ich seit meiner Kindheit. Mit meinen Eltern sind wir 20 Jahre lang immer ins Oberengadin in die Ferien. In Zuoz habe ich sogar laufen gelernt. Meine Eltern besitzen eine Wohnung in Silvaplana. Unsere Söhne sind in Sils in die Skischule gegangen.
Und doch landeten Sie mit Ihrer Familie an Ende im Unterengadin ...
Als die Kinder noch ganz klein waren, waren wir in Scuol in den Ferien, und es hat uns dort sehr gefallen. Ich wollte mich von meinen Eltern emanzipieren, und so entschieden wir uns für das Unterengadin, wo es etwas anders ist als im Oberengadin.
Inwiefern?
Es ist etwas gemächlicher, alltäglicher, und das gefällt uns. Zunächst sahen wir uns in Sent ein altes Haus an. Fun Fact: Dort wohnt heute Alt-Bundesrat Moritz Leuenberger. Für uns war dieses Haus zu gross und zu aufwendig. Im Internet stiess ich dann auf ein Inserat für eine Wohnung, die perfekt für unsere Bedürfnisse war. Mit den Besitzern sind wir sofort einig geworden.
Ein Grund, warum Sie eine Ferienwohnung in Sent gekauft haben, war Ihr Sohn Melchior.
Ja, der jüngste unserer drei Söhne, Melchior, hat eine Behinderung, und wir können nicht einfach so in die Ferien. Wir haben daher etwas gesucht, um regelmässig von zuhause wegkommen zu können. Die Wohnung in Sent ist rollstuhlgängig, wir haben einen Treppenlift installiert, es hat tolle Leute im Haus und im Dorf. Wir fühlen uns sehr wohl.
Zum Seniorenanlass der Gemeinde St. Moritz sind Sie nicht vom Unterengadin her, sondern von Ihrem Wohnort Buonas (ZG) über den Julierpass angereist. Was macht ein 53-jähriger Fernsehmoderator an einem Seniorenanlass in St. Moritz?
(Lacht) Ich umgebe mich sehr gerne mit Menschen, die mir altersmässig näher sind, als meine Söhne (Constantin ist 23 Jahre alt, Frederik 20 Jahre alt und Melchior 16 Jahre alt, Anmerkung der Redaktion). Ich wurde vom Organisator Christoph Bürge und dem St. Moritzer Gemeindepräsidenten Christian Jott Jenny eingeladen. Beide kenne ich sehr gut. Christoph ist ein alter Freund von mir. Er meinte zu mir: Du würdest den Leuten eine grosse Freude machen. Ich hörte, der Seniorenanlass von St. Moritz sei wie eine Samstagabendshow. Also entschied ich, mir selber gleich auch noch eine Freude zu machen und zuzusagen.
Sie sind seit zwei Jahrzehnten – mit einem Unterbruch von fünf Jahren bei CH Media – beim SRF als Moderator tätig. Ihr Gesicht kennt die ganze Schweiz. Und doch treten Sie an einem Seniorenanlass auf?
Ich habe Freude an den Menschen und spüre eine grosse Dankbarkeit für Anlässe, an denen noch eine Begeisterungsfähigkeit herrscht. Das ist bei älteren Menschen oftmals der Fall. Zufriedene, ältere Menschen sind für mich Vorbilder. Ausserdem geht es nicht mehr so lange, bis ich selbst ein Senior bin.
Sie haben kürzlich Ihr Debüt als Moderator der Kultsendung «Happy Day» gegeben. War es für Sie eine Ehre oder vor allem eine grosse Verantwortung, die Nachfolge von Röbi Koller anzutreten?
Das ist eine gute Frage. Die Sendung hat eine gewisse Relevanz, und darum habe ich eine Verantwortung gegenüber den Menschen, die Gebühren zahlen und Freude an der Sendung haben. Ich habe auch Verantwortung gegenüber meinen Gästen, die das erste Mal im Fernsehen sind. Ich arbeite gerne mit Leuten, die nicht professionell Fernsehen machen. Promis finde ich meistens langweilig, weil sie bereits unzählige Male alles von sich erzählt haben ...
Oh, ich hoffe, Sie mussten jetzt nicht Fragen beantworten, die Sie bereits unzählige Male beantworten mussten ...
(Lacht) Nein, überhaupt nicht.
Aber eine Schweizer Kultsendung übernehmen zu können, ist schon auch eine Ehre, oder?
Die Sache mit der Kultsendung ist interessant. Wir haben die Sendung als Familie immer geschaut. Als ich aber SRF 2020 verlassen habe, war meine Frage an mich selbst: Was soll ich noch bei SRF, irgendwann «Happy Day» moderieren? Damals war ich in einer völlig anderen Lebensphase. Als dann die Anfrage ausgerechnet für die Moderation von «Happy Day» kam und ich zusagte, kam die grosse Freude. Es war wie mein Happy Day. Erst bei der letzten Sendung von Röbi Koller wurde mir bewusst, welche Bedeutung diese Sendung für viele Menschen in der Schweiz hat.
Hat sich Ihr Leben durch «Happy Day» nochmals verändert?
Nein, für mich geht das Leben genau gleich weiter. Der Alltag nimmt mich mehr ein, als die zweieinhalb Stunden auf der Bühne. Ich mache die Sendung sehr gerne, bin auch stolz darauf und glücklich darüber, aber viel ändert sich dadurch für mich nicht.
Na ja, Sie haben wegen «Happy Day» Ihr Musikstudium an den Nagel gehängt, das sie 2022 angefangen hatten.
Ja, das habe ich tatsächlich gemacht. Mein Musikstudium habe ich vor allem begonnen, weil ich einen Ausgleich zur vielen Büroarbeit bei meinem letzten Job gebraucht habe. Mit den 20-jährigen Studierenden habe ich mich während des Studiums sehr wohl gefühlt - Kunst kennt keine Generationen. Mit «Happy Day» ist die Waagschale aber wieder ausgeglichen. Die Sendung hat das Studium ersetzt. Die Familie ist froh, dass ich nicht mehr jeden Tag Querflöte übe (lacht). Obwohl ich betonen möchte, dass ich eine Zeit lang super gespielt habe.
Hat der Moderator einer Sendung, die Menschen Wünsche erfüllt, eigentlich selber einen Lebenswunsch?
Ja. Ich möchte einmal für mindestens zwei Monate in New York leben. Und ich möchte irgendwann mal fliessend Rätoromanisch sprechen können. Heute reichen meine sprachlichen Kenntnisse gerade so für den Einkauf beim Bäcker: Duos stortins da painch e duos stortins da spelta, per plaschair. Precis.




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