Die Idee tönt verlockend. Der gefährliche Strassenabschnitt zwischen Silvaplana und Sils soll in einen Tunnel verlegt werden. Die alte Kantonsstrasse würde künftig dem Langsamverkehr dienen und könnte im Winter als Loipe genutzt werden, sollte der Silvaplanersee spät oder vielleicht auch gar nicht zufrieren. Doch selbst die beiden Standortgemeinden wissen, dass ein solches Projekt – wenn überhaupt – Jahrzehnte benötigt, um es zu finanzieren, zu projektieren und zu realisieren. Zeit, die es nicht gibt. Dass dieser Streckenabschnitt zu einem der gefährlichsten im Kanton gehört, ist nicht nur subjektives Empfinden, sondern wird auch durch die Unfallstatistik belegt. Selbst der Kanton spricht von einem grossen Sicherheitsrisiko. Der Handlungsbedarf ist also unbestritten. Und er ist dringend. Aus derzeitiger Optik gesehen, wäre es darum naheliegend, das Auflageprojekt des Kantons durchzuwinken. Doch dieses vermag auch Sicherheitsüberlegungen nicht zu überzeugen. Auf übersichtlichen Strecken oder im Stadtverkehr mögen Fahrradstreifen ein vertretbarer Kompromiss sein. Auf diesem unübersichtlichen Abschnitt mit seinen vielen Kurven bleiben die Fahrradfahrer nach wie vor einer sehr grossen Gefahr ausgesetzt. Eliminieren lässt sich diese mit dem separaten Radweg. Eine Variante, welche vom kantonalen Tiefbauamt vertieft geprüft, später aber wieder fallen gelassen wurde. Wegen zu grosser Auswirkungen auf die Landschaft. Der Projektperimeter befindet sich in einem BLN-Gebiet. In ein solches Gebiet baulich einzugreifen, ist äussert heikel. Die Projekthürden sind sehr hoch, die Schutzorganisationen als Wächter nicht weit. Bleibt die Seite am Südufer des Sees. Auch im BLN-Gebiet zwar, aber dort besteht zwischen Silvaplana und Sils bereits eine recht gut ausgebaute Route für den Langsamverkehr. Diese könnte mit moderaten Eingriffen noch deutlich attraktiver gestaltet werden. Sodass sie vom überwiegenden Teil der Fahrradfahrer inklusive Familien mit Kindern oder älteren Personen mit Elektrofahrrädern gut benutzt werden könnte. Allerdings nur vom Frühsommer bis in den Hebst, die Rennvelofahrer müssten nach wie vor auf die Kantonsstrasse ausweichen. Auch das ein Kompromiss also. Doch letztlich führt eine Lösung wohl nur über einen Kompromiss. Dieser wiederum ist eine Frage der Gewichtung. Und da muss die Verkehrssicherheit an oberster Stelle stehen. Darum muss die Variante des getrennten Radweges entlang der Kantonsstrasse noch einmal vertieft geprüft werden. Sollte sich diese aus welchen Gründen auch immer innert nützlicher Frist nicht realisieren lassen, müsste der Ausbau der bestehenden Langsamverkehrsverbindung am Südufer realisiert werden. Es wäre dann ein Wegkommen vom Wünschbaren hin zum letztlich zum Machbaren.
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