Der Fall hat über die Region hinaus für Schlagzeilen gesorgt: Die Zernezer Schulbehörde hat vor gut zwei Wochen entschieden, dass die Schule mit ihren rund 160 Schülerinnen und Schülern nicht an den freiwilligen Corona-Flächentests teilnimmt. Zu reden gegeben hat weniger der Entscheid an und für sich als die Begründung. In einem Interview mit der EP/PL sagte Schulratspräsident Beat Schärer unter anderem, dass es nichts bringe, gesunde Kinder zu testen, um zu erfahren, dass sie gesund sind, dass das Tragen von Schutzmasken Kindern schade und dass die «Testerei» von Kindern insgesamt unnütz sei. Für diese Äusserungen hat Schärer vor allem in den sozialen Medien viel Applaus erhalten. Der Tenor: «Endlich ein Schulrat, der Rückgrat beweist und nicht mit dem Mainstream mitschwimmt.»
Im gleichen Interview sagte er auch, dass man nicht wegen sechs Haushalten, die nicht zufrieden seien, den Beschluss umstossen werde. Der grösste Teil der Eltern akzeptiere nämlich den Entscheid. Zumindest in diesem Punkt irrte Schärer. Eine von einer Elterngruppe initiierte Unterschriftensammlung wurde am letzten Wochenende von 105 Eltern respektive den gesetzlichen Vertretern der Kinder unterschrieben. Zusätzlich haben weitere 115 Einwohnerinnen und Einwohner den offenen Brief unterzeichnet. Verbunden mit der Forderung, der Schulrat solle auf seinen Entschluss zurückkommen und die Schule Zernez ebenfalls an den Flächentestungen teilnehmen.
Einer der Initianten des offenen Briefes ist Linard Martinelli, selber Vater von Kindern, die in Zernez zur Schule gehen. «Uns geht es nicht darum, über den Sinn oder Unsinn von Flächentests zu diskutieren. Wir wollen vielmehr erreichen, dass die Eltern selber entscheiden können, ob ihre Kinder an den wöchentlichen Spucktests teilnehmen sollen oder nicht.» Dieser Entscheid werde den Eltern durch das Grundsatz-Nein des Schulrates aber verunmöglicht, so Martinelli.
Er gibt zu bedenken, dass der Schule bei der Teilnahme primär eine Organisationsfunktion zukomme. «Es ist doch viel einfacher, wenn die Kinder, die das wollen, im geschützten Rahmen der Klasse den Spucktest machen können, als wenn ich mit ihnen in ein Testzentrum oder zum Hausarzt fahren muss.»
Rund ein Fünftel der Zernezer Stimmberechtigten haben den offenen Brief unterzeichnet. Die Elterngruppe hofft, dass dies ein genügend starkes Zeichen ist, dass der Schulrat nun einlenkt und die Tests rasch ermöglicht.
Schulratspräsident Beat Schärer sagte auf Anfrage, dass noch eine Schulratssitzung in Sachen Tests an der Schule stattfinden werde.

Autor: Reto Stifel

Foto: z. Vfg