Jacques Guidon hinterlässt nicht nur trauernde Familienangehörige, Freunde und Wegbegleiter, sondern auch eine grosse Lücke in der Engadiner Kunstwelt. Guidon, der 1931 in Zernez in eine Bauernfamilie hineingeboren wird, träumt früh schon von einer künstlerischen Karriere, muss diese den damaligen Umständen geschuldet aber lange hinauszögern. Anstatt sich Farben, Formen und Worten zu widmen, findet er sich im Lehrerseminar wieder, an der Uni Zürich und später in Pontresina, Zuoz und Zernez im Klassenzimmer. Als Mitbegründer und langjähriger Autor für das satirische Magazin «Il Chardun» eckt er vielerorts an, schafft sich aber gleichermassen neue und gleichgesinnte Freunde. Auch als langjähriger Kulturanimator im Dienst der romanischen Dachorganisation Lia Rumantscha hinterlässt Jacques Guidon seine Spuren und in der romanischen Sprache ohnehin. 

Pünktlich zum 90. Geburtstag Guidons erschien im Verlag der Gammetermedia AG das von Guidons Galeristin Silvia Stulz-Zindel und ihrem Mann Roland herausgegebene, 200 Seiten starke Buch «Jacques Guidon – Kaleidoskop» und in der EP/PL vom 22. Juli auch ein ausführliches, romanischsprachiges Interview mit dem Jubilar. 

Und auch wenn sein schleichender körperlicher Zerfall seinem äusserst kreativen und vielschichtigen Geist unterlegen war, so wird das Wesen Jacques Guidon, sein malerisches und zeichnerisches wie auch sein schriftstellerisches Werk in bester Erinnerung bleiben. So auch der 2019 erschienene Gedicht- und Gedankenband «Nuschella». Bei der Präsentation der Publikation sagte er damals: «Meis nuschels nun han da gnir inclets, ma bainschi da gnir lets.» Das wollen wir mit einem Beispiel daraus tun: «Dieser Tag versinkt mit einem Sfumato wie von Turner, gemächlich, in sanfter Harmonie mit der Abenddämmerung in die Weite des Sees.» 

Autor und Foto: Jon Duschletta