Baden, Haare trocknen, Pyjama anziehen, Zähne putzen und dann ab vor den Fernseher. Punkt 20.14 Uhr tönte die Eurovisions--Hymne durch die gute Stube und Frank Elstner begrüsste zu «Wetten, dass ...?» Wir waren gerüstet, uns zwei Stunden lang verrückte Wetten, mehr oder weniger spannende Gäste und bessere oder schlechtere Show-Acts anzugucken. Das war die Lagerfeuer-Romantik der 80er- und 90er-Jahre. Die Familie vereint, keine Diskussionen, ob es vielleicht auf einem anderen Sender nicht etwas Spannenderes zu sehen gäbe, keine Handys, die alle zehn Sekunden einen Ton absondern, keine Konkurrenz durch Netflix. Die Stube. Der Fernseher. Die Familie. So einfach war das. 

Und später, in den Nullerjahren: Baden, Haare trocknen, Pyjama anziehen, Zähne putzen und dann ab vor den Fernseher. Zwei Unterschiede: Ich war jetzt dreifacher Vater – und Thomas Gottschalk moderierte die Sendung. 

Es brannte noch, das Lagerfeuer. Zunehmend aber ging ihm das Holz oder der Sauerstoff oder beides aus. 2011 mit dem Abgang von Gottschalk flackerte es ein letztes Mal auf, glühte noch ein paar Jährchen vor sich hin, um Ende 2014 nach 34 Jahren und 215 Ausgaben endgültig zu erlöschen. Die Kinder waren nun in einem Alter, in dem Harry Potter, das Handy und die Freunde interessanter waren. Das war’s mit der Lagerfeuerromantik. Plötzlich waren sich alle einig, dass so grosse Fernsehkisten am Samstag Abend irgendwie aus der Zeit gefallen sind. 

Am vergangenen Samstag dann die Wiedergeburt. Die Jubiläumsshow zum 40. Mit Gottschalk als Moderator und 13,8 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauern. Nun hoffen viele auf ein Revival vom Revival. Weil der Samstagabend fernsehtechnisch nichts mehr hergibt. Trotz über 400 Sendern. 

Ich konnte mir die Jubiläumssendung nicht anschauen, habe sie aber gespeichert. Und, «Wetten, dass ...?»: Ich werde sie mir irgendwann mal reinziehen. Nach dem Duschen, Haare trocknen und im Pyjama. Aber ohne Lagerfeuerromantik. Die Kinder sind längst flügge. Und meine Göttergattin hat es nicht so mit nostalgischen Schwärmereien. 

Autor: Reto Stifel

Foto: www.pixelio.de/Timo Klostermeier

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