Das Langlauf-Klassischrennen La Diagonela mit Start und Ziel in Zuoz musste in diesem Jahr unter besonderen Bedingungen ausgetragen werden. Aufgrund von Covid-19 waren statt der über 1000 Teilnehmer – die meisten davon Volksläufer – nur 138 Profis am Start. Und diese hatten mit der Eiseskälte zu kämpfen. Verschiedene Athleten erlitten Erfrierungen, die teils im Spital behandelt werden mussten. Der Vorfall wurde im OK, aber auch bei den Organisatoren der Visma Ski Classics Tour – zu dieser gehört auch die La Diagonela – aufgearbeitet und verschiedene Änderungen in Aussicht gestellt. Die EP/PL hat mehrfach darüber berichtet.
Letzte Woche ist bekannt geworden, dass die Strecke des Klassischrennens von bisher 65 auf 55 Kilometer gekürzt wird. Der Start wird von Zuoz nach Pontresina verlegt, das Ziel bleibt wie bisher im Dorfkern von Zuoz. Dass die Strecke der La Diagonela verkürzt wird, ist gemäss OK-Präsident Ramun Ratti nicht erst seit diesem Jahr ein Thema. Zwar sei der Lauf topografisch nicht sehr anspruchsvoll, gerade die letzten zehn Kilometer hätten es aber mit dem coupierten Gelände in sich, und das werde vor allem von den Volksläufern oft unterschätzt. Zudem finde der Lauf bereits früh in der Saison statt und das auf einer Höhenlage, die nicht alle gewöhnt sind.

Kürzung bringt Vorteile
Das OK sieht in den Neuerungen einige Vorteile. So brauche es nur noch eine Startinfrastruktur; in Pontresina starten heute schon die Teilnehmer der kürzeren La Pachifica. Weiter entfallen bei Nadelöhrstellen heikle Kreuzungen zwischen der Elite, die sich bereits auf dem Weg zurück zum Ziel befindet, und den Volksläufern. Auch müssen die Athleten die flache und am Morgen noch sehr schattige und entsprechend kalte Strecke entlang des Flughafens Samedan nur noch einmal laufen. Für das OK einer der grössten Pluspunkte ist, dass die Startzeit dank der kürzeren Strecke wie in den Anfangsjahren der La Diagonela später in den Vormittag verlegt werden kann. Der Start wurde seinerzeit auch aufgrund der steigenden Teilnehmerzahlen zugunsten einer insgesamt längeren Laufzeit für die Volksläufer vorverlegt. Konkret wird jetzt wieder um 9.30 Uhr gestartet, statt wie in den letzten Jahren um 8.30 Uhr. Auch werde mit der Startverlegung der regionale Charakter des Anlasses gestärkt, heisst es seitens des OK.
Auch wenn die eingangs geschilderten mit der Kälte zusammenhängenden Probleme nicht der Hauptgrund für die Änderungen sind, haben diese das OK in ihrem Entscheid zumindest bestärkt. «Wir haben die Situation in verschiedenen Nachbesprechungen noch einmal analysiert. Das Letzte, was wir als Organisatoren wollen ist, dass sich Läufer verletzen. Unser Ziel ist es, dass alle mit einem positiven Erlebnis und schönen Bildern im Kopf zurückkehren», sagt Ratti. Seitens des OKs habe man mit den betroffenen Athleten im Kontakt gestanden und seines Wissens nach habe niemand bleibende gesundheitliche Schäden davongetragen. Vielmehr hätten fast alle ein oder zwei Wochen später und im weiteren Verlauf des Winters bereits wieder am Start gestanden. Britta Nogren und Andreas Nygaard als arrivierteste Läufer auch schon wieder auf dem Podest.

Bei der FIS vorstellig geworden
Gemäss Ratti sei vor allem der Austausch mit den Verantwortlichen der Visma Ski Classics sehr gut und wichtig für die künftigen Rennen gewesen. Unabhängig davon, ob und wie der Internationale Skiverband (FIS) reagiert, werde im Reglement der Visma Ski Classics neu explizit festgehalten, dass bei Temperaturen unter minus 15 Grad die Läuferinnen und Läufer die Möglichkeit haben, sich wärmer anzu-ziehen. Im Reglement der FIS für Langdistanzrennen ist das den Profis – nur für sie gilt dieser Passus – ohne Ausnahmebewilligung der Jury untersagt. Die FIS ist über den Rapport des technischen Delegierten über die Situation bei der diesjährigen La Diagonale informiert worden. Versehen mit dem Hinweis, dass eine zusätzliche Regelung im FIS-Reglement, wonach Volksläufe erst ab einer Temperatur von unter minus 25 Grad und tiefer verboten werden müssen, überprüft und allenfalls angepasst werden sollte. «Diese Standpunkte teilen wir, und wir haben das der FIS in einem Schreiben ebenfalls mitgeteilt», sagt Ratti.

Doppelstosstechnik spielt mit
Zwar würden im hohen Norden bereits seit vielen Jahren bei noch tieferen Temperaturen Rennen gelaufen. Allerdings habe sich die Technik bei den Klassischrennen verändert. «Heute stossen die Elite-Läufer und die ambitionierten Volksläufer jede Strecke im Doppelstock durch, so auch die La Diagonela. Entsprechend werden Hände und Füsse weniger durchblutet, und es kann schneller zu Erfrierungen kommen als noch bei der Diagonallauftechnik», gibt Ratti zu bedenken. Er bekräftigt aber noch einmal, dass bei der La Diagonela in diesem Januar alles regelkonform abgelaufen sei. Am Abend vor dem Rennen wurde den Läufern über ihre Teamchefs mitgeteilt, dass sie sich aufgrund der prognostizierten kalten Temperaturen wärmer anziehen dürfen. «Wer das gemacht hat, hatte keine Probleme, das haben uns verschiedene Athleten bestätigt.» Und: Die Temperaturvorgaben gemäss Reglement seien jederzeit eingehalten worden. «Es war auf der ganzen Strecke während dem Rennen nirgends kälter als minus 25 Grad.»

Andere Vorschriften beim Weltcup
Die EP/PL hatte dem Internationalen Skiverband bereits im Januar Fragen bezüglich möglichen Reglementanpassungen bei tiefen Minustemperaturen gestellt. Beantwortet worden sind diese nicht. Interessanterweise wird bei Weltcup-Rennen und Volksski-Langlaufwettkämpfen mit unterschiedlichen Ellen gemessen, obwohl beide Veranstatungen unter der «Internationalen Skiwettkampfordnung» laufen. Anlässe wie die La Diagonela müssen dann verschoben oder abgesagt werden, wenn die Temperatur auf dem grössten Teil der Strecke bei unter minus 25 Grad liegt. Bei Weltcup-Rennen oder Weltmeisterschaften ist das schon bei Temperaturen unter minus 20 Grad der Fall, gemessen am kältesten Punkt der Strecke.
Infos zur Strecke und Anmeldungen unter www.ladiagonela.ch

Autor: Reto Stifel

Foto: Björn Reichert/Nordic Focus