Nachdem die letztjährige Schlitteda da Champfèr aufgrund von Corona ausfiel, fand der Traditionsanlass am letzten Samstag zum 46. Mal statt. Sechs Pärchen haben sich morgens in traditioneller Tracht beim Reitplatz Hossmann in Champfèr eingefunden, um die Pferde vor die kunstvoll dekorierten Schlitten zu spannen. Die Schlittenfahrt, ein jahrhundertealter Brauch war früher ein Anlass, um seine Liebste oder potenzielle Heiratskandidatinnen auszuführen. Üblicherweise finden die Oberengadiner Schlittedas von Mitte Januar bis Mitte Februar statt.
Über den St. Moritzsee
Um kurz nach halb zehn zog die 13-köpfige Gruppe inklusive Vorreiterin los. Die diesjährige Route führte über Oberalpina nach Salastrains, danach fuhren die einheimischen (und allesamt verheirateten) Paare auf ihren traditionellen Schlittins und bei strahlendem Sonnenschein auf dem Schellenursli-Weg über die Via Tinus nach St. Moritz Dorf und von dort weiter Richtung Celerina mit dem Ziel Restaurant La Terra 27 in Punt Muragl, wo sich die Gruppe zum Mittagessen und zum Apéro traf und auch die Pferde getränkt und gefüttert wurden. Danach machte sich die heitere und gut gelaunte Schlitteda-Gesellschaft auf den Rückweg, welcher durch den Stazerwald und über den zugefrorenen St. Moritzersee führt. Beim Ritt übers Eis zeigten sich die sechs Gespanne und die Vorreiterin ausser Rand und Band, die Rösser drehten richtig auf: Mit einem Affenzahn preschte die Kolonne los. Schon von weitem konnte man das Schellen der Glocken und das Jauchzen und Jubeln der Passagiere hören. «Ueeeela,» tönte es laut. Etliche Spaziergänger unterbrachen ihren Schritt, um ein Foto von der wagemutigen Festgesellschaft zu schiessen. Mit dem Schlittengespann über das Eis zu flitzen ist ein nicht ganz ungefährliches Unterfangen, besonders für jene, die nur wenig Erfahrung mit Pferden haben – das sieht auch Jana Marchesi-Blättler so, die Organisatorin des Anlasses. «Wir sind immer froh, wenn alle heil wieder ankommen.» Während das Fest früher dazu diente, Unverheiratete unter die Haube zu bringen, ist der Zweck heute ein etwas anderer: Die Tradition soll bewahrt werden und mit Freunden eine gute Zeit verbracht werden. Hinzu kommt, dass alle Pärchen, die am Samstag mitfuhren, bereits verheiratet sind. Doch das tut der Freude keinen Abbruch, im Gegenteil. Claudio und Daniela Willy aus Sils sind bereits zum achten Mal dabei. Und Daniela ist erneut hellauf begeistert, als sie neben der Polowiese vom Schlitten steigt und die dampfenden Pferde mit Futter und Wasser versorgen kann. «Das ist immer der schönste Tag im Jahr! Absolut genial, wie wir heute über den See geflitzt sind, das haben wir schon Jahre nicht mehr gemacht», lautete ihr erstes, wohl noch adrenalingeladenes Fazit.
Schlitteda-Ball bis tief in die Nacht
Ein gemeinsamer Apéro schliesst die circirca 25 Kilometer lange Tour ab, dann wird der Rückweg gen Champfèr angetreten, um sich aufzuwärmen und die Pferde in die Ställe zurückzubringen. Abends galt es wieder fit zu sein, denn nach dem gemeinsamen Nachtessen ging’s um 22.00 Uhr zum Schlitteda-Ball ins Restaurant Peppino’s bei der Olympiaschanze, wo das Tanzbein bis tief in die Nacht geschwungen wurde.
Fotos und Autorin: Denise Kley
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