Ich stehe vor der Zufahrt zum Geschäfts-Parkplatz und will mit der App die Schranke öffnen. Da ich diese schon länger nicht mehr gebraucht habe, muss ich mich einloggen. Fortschrittlich wie ich bin, habe ich zum Entsperren bereits vor längerer Zeit Face ID eingerichtet. Eine automatische Gesichtserkennung, die so funktioniert, dass man auf das Display guckt und sich die Anwendung schwuppdiwupp öffnet. So die Theorie, die jetzt, in diesem Moment vor der Parkplatzschranke, Theorie bleibt. Versuch 1: Fehlgeschlagen. Versuch 2: Fehlgeschlagen. Versuch 3: Fehlgeschlagen. Abbruch der Übung. Rückwärts fahren und Platz machen, damit die beiden Autos, die zwischenzeitlich hinter mir stehen, reinfahren können. 
Warum erkennt Face-ID mein Gesicht nicht mehr? Verdacht 1: Ich bin gealtert. Klar bin ich, aber Face ID habe ich ja nicht als 18-Jähriger eingerichtet. Verdacht 2: Ich habe zugenommen. Mein Gesicht ist feiss geworden, Face ID erkennt es nicht mehr. Haben Sie das Wortspiel im Titel bemerkt? Raffiniert, oder? Beim Blick in den Rückspiegel erkenne ich meine Wangenknochen: Kann also auch nicht der Grund sein. Verdacht 3: Schlecht rasiert. Ich streiche mit meinen Händen übers Gesicht: Fein wie ein Babypo. 
Später lese ich, dass Face ID bequem, sicher und zuverlässig ist. Denn mittels TrueDepth-Infrarotkamera wird eine dreidimensionale Karte meines Gesichtes erstellt und als mathematischer Wert verschlüsselt auf dem Prozessor gespeichert. Tönt zumindest schlau. Aber jetzt kommt es: «Dabei registriert Face ID die Struktur so detailliert, dass auch mit starkem Make-up, Bartwuchs und Sonnenbrille eine Identifizierung möglich ist.» Und etwas später: «Wenn ein Gesicht noch in der Entwicklung ist, also ein Kindergesicht, kann das dem Sensor ebenfalls Schwierigkeiten bereiten.» Als 57-Jähriger? Das Rätsel bleibt ungelöst. Vermutlich hatten Face ID oder ich einen schlechten Tag. Heute hat es wieder funktioniert. Der Tag wird gut.

Autor: Reto Stifel
Foto: www.unsplash.com (Miguel Tomas)