Die Gleichstellung von Frau und Mann ist in der Bundesverfassung verankert und rechtlich in der Schweiz heute durchgesetzt. Die tatsächliche Gleichstellung ist in manchen Unternehmen und Lebensbereichen aber noch nicht erreicht, denn Männer verdienen im Schnitt immer noch 12 Prozent mehr als Frauen. Diese Zahlen hat das Bundesamt für Statistik 2022 ermittelt. 

Bettina Plattner ist Hotelière in Pontresina. Sie sagt: «In der Hotellerie habe ich noch nie Lohnungleichheit beob­achtet, zumindest nicht dort, wo ich tätig und verantwortlich war.» In ihrem Unternehmen, dem Hotel Maistra 160, gebe es keine Lohnungleichheit. Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit sei für sie selbstverständlich. «Da geht es schliesslich auch um Vertrauen der Mitarbeitenden in das Unternehmen und um unsere Attraktivität auf dem Arbeitsmarkt».

Gleicher Lohn für Mann und Frau
Gleichstellung bedeutet für Bettina Plattner Gleichberechtigung und Chan­cengleichheit für alle Mitarbei­ten­den. «In ihrem Unternehmen werde niemand aufgrund des Geschlechts oder der sexuellen Orientierung diskriminiert, und wir halten uns an den Grundsätzen zur Lohngleichheit oder zur Prävention sexueller Belästigung fest». Alle Frauen und Männer haben demnach die gleichen Karrieremög­lichkeiten. Im Unternehmen ist auch eine junge Mutter im Teilzeitpensum in einer Führungsposition. Wer die Leistung in seiner Position erbringe, werde geschätzt und gefördert, egal mit welchem Hintergrund. «Chancengleich­heit und Vielfalt in Teams sehen wir als einen Gewinn für das Unternehmen», sagt Bettina Plattner.

Ausbildung und Erfahrung zentral
Auch im Lyceum Alpinum Zuoz wird die Gleichstellung in allen Stufen gelebt. Von 172 Mitarbeitenden sind 104 Frauen. In der Schulleitung sind drei Frauen und drei Männer. Es gibt Teilzeitanstellungen für Eltern. Mitarbei­tende mit geringerem Lohn werden bei den Kosten der Kinderbetreuung (KIBE Zuoz) unterstützt.

Laut Esther Binkert, Head of Human Resources Lyceum Alpinum Zuoz, besteht an der Schule Lohngleichheit zwischen Männern und Frauen. «Die Löhne werden aufgrund der Ausbildung, Erfahrung und Leistung berechnet und sind unabhängig vom Geschlecht», sagt sie. Das Lyceum Alpinum Zuoz beobachte und entwickle das Thema Gleichstellung laufend weiter.

Ziel: mehr Frauen in der Leitung 

Im Schweizerischen Nationalpark (SNP) arbeiten etwa gleich viele Frauen wie Männer. «In unserem Personal­reglement steht ganz am Anfang: Der Schweizerische Nationalpark bekennt sich zur Gleichstellung aller Mitarbeitenden, unabhängig ihres Geschlechtes, ihrer Herkunft und ihrer Lebensformen» informiert Hans Lozza, Leiter Kommunikation.

Auch beim SNP erfolgt die Einstellung nach Funktion. Es werden die Lohnstufen des Bundes verwendet. Das Geschlecht spielt dabei keine Rolle. «Für uns ist die Gleichstellung ein wichtiges Thema», sagt Hans Lozza. Mittelfristig sei es sicher ein Ziel, in der Geschäftsleitung eine stärkere Frauenvertretung zu haben. 

Auf Bestärkung der Frauen bedacht
Julia Rouhi ist Chief Operating Office bei der St. Moritz Tourismus AG. «Wir sind stolz darauf, dass in unserem Unternehmen Gleichstellung grossgeschrieben wird», sagt sie. Sowohl in der Geschäftsleitung als auch im gesamten Team seien jeweils zwei Drittel Frauen vertreten. «CEO Marijana Jakic und die gesamte Geschäftsleitung sind sehr auf das Empowerment von Frauen bedacht» erklärt Julia Rouhi. Im Einstellungsprozess spiele das Geschlecht keine Rolle, die Verantwortung werde aufgrund von Kompetenzen und Qualifikationen verteilt, Aufstiegsmöglichkeiten ergeben sich aus dem Leistungsausweis. Die Tourismusorganisation ermöglicht zudem flexible Arbeitszeitmodelle, inklusive Teilzeit in Führungspositionen.

«Ein Umdenken ist wichtig»
Julia Rouhi ist der Ansicht, dass in der Berufswelt noch viel Potenzial bezüglich Gleichstellung besteht. Ein gesellschaftliches Umdenken sei wichtig. Nach wie vor sei in der Schweiz in aller Regel die Frau hauptsächlich die Verantwortliche für Kinder und Familie, was sich natürlich in Karrieremöglichkeiten, aber auch in entsprechenden Entscheidungen bei Einstellungen, Beförderungen und so weiter widerspiegelt.

«Die Tatsache, dass wir nach wie vor über Gleichstellung sprechen und jedes Jahr den Equal Pay Day thematisieren, zeigt, dass wir offensichtlich noch nicht da sind, wo wir sein möchten und sollten», betont Julia Rouhi.

Verschiedene Organisationen und Institutionen machen beim Equal Pay Day mit, zum Beispiel BPW Switzerland oder Frauenzentralen in diversen Kantonen.