Postkartenidylle in der Val Fex: Bei strahlend blauem Himmel und milden Temperaturen laufen rund 55 Kinder und Jugendliche von Plazza God Laret in Richtung Vaüglia. Je nach Alter und Funktion sind sie unterschiedlich gekleidet: die Kinder und Buben in blauen Bauernkitteln und roten Zipfelmützen, die Mädchen ab der 4. Klasse in Bündner Tracht, die ältesten Mädchen in Engadiner Festtagstracht. Natürlich dürfen die Glocken in unterschiedlichen Grössen – talocs, zampuogns, s-chellas, plumpas – nicht fehlen.
Mit Wehmut unterwegs
Der Hirte fällt mit schwarzem Mantel auf, der Senn ist ganz in Weiss, mit Hosenträgern. Marc Maag ist dieses Jahr der älteste Junge und somit der Senn. Er führt den Umzug an und ist Dirigent bei den Liedern, die an ausgesuchten Plätzen gesungen werden. «Ich bin der Chef, teile aber die Verantwortung mit den patrunas und patruns», erklärt er.
Das älteste Mädchen ist Lena Pianta. «Mir ist es wichtig, dafür zu sorgen, dass es den Kindern gut geht», sagt sie. Auch sie ist Dirigentin. Besonders freut sie sich auf den Moment, wenn sie vor dem Haus ihrer Familie dirigieren kann. «Ich gehe wirklich gerne an den Chalandamarz und werde schon etwas wehmütig beim Gedanken daran, dass es mein letztes Mal ist», sagt sie.
Es hat sich kaum etwas verändert
In Reih und Glied läuft die Chalandamarz-Schar durch das noch immer verschneite Tal. Es ist kaum Publikum anzutreffen. Nur paar Angehörige laufen mit. Auch Einheimische, die mit ihren Familien im Unterland leben, sind eigens für Chalandamarz nach Sils gekommen. Im Hotel Chesa Pool warten ein paar Touristen, die sich über die Ankunft der Chalandamarz-Kinder freuen. Hier gibt es die erste Marenda: patlaunas e punsch. Fastnachtsküchlein und Punsch.
Marco Rominger freut sich, dass sowohl die Enkel aus der Deutschschweiz als auch die Engadiner Enkel am Chalandamarz teilnehmen. Er ist in der Val Fex aufgewachsen und lebt heute in Castasegna. Chalandamarz ist für ihn mit grossen Emotionen verbunden: «Es sind die schönsten zwei Tage im Jahr». Die Chalandamarz-Lieder, die dargeboten werden, singt er leise mit. «Es hat sich kaum etwas an der Tradition verändert, verglichen zu meiner Kindheit», sagt er zufrieden.
Jetzt auch in Sils mit Peitschen
Neu ist seit fünf Jahren, dass jetzt auch in Sils mit der Peitsche geknallt wird. Diese Änderung der Tradition erfolgte auf Wunsch der Schülerinnen und Schüler. Das freut Lehrer Roman Pünchera, der in Samedan aufgewachsen ist und somit auch mit der Tradition des Peitschenknallens. Ihn freut auch, dass beim Ballin, dem Fest mit Tanz am Nachmittag des 1. März, noch immer Volksmusik gespielt wird. «Es ist schon speziell, dass nicht einmal die Jugendlichen diese musikalische Tradition infrage stellen», meint Roman Pünchera, der selbst in der Kapelle spielt.
Dann ist die Marenda beendet. Der Umzug geht weiter nach Fex-Crasta, entlang der Häuser, über die Brücke und den steilen Hang hoch, begleitet vom Glockengebimmel und fröhlichen Kinderrufen.
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